Der Begriff Fake News schaffte es 2017 in den Duden. Foto: dpa/Jens Kalaene

Vermeintliche Folgen der Coronaimpfung, Schreckensszenarien aus dem Ahrtal – Falschnachrichten haben in diesem Jahr Hochkonjunktur. Aber was ist eigentlich erlaubt? Und hat es Fake News immer schon gegeben?

Stuttgart/Berlin - Im digitalen Zeitalter hat die Dynamik von Falschnachrichten zugenommen. Aber wieso scheinen sich Fake News in der jüngsten Zeit zu häufen? Und wie erkennt man sie überhaupt?

Sind Fake News ein neues Phänomen?

Nein – bewusst gestreute Falschnachrichten hat es immer schon gegeben. Der vermeintlich von Kaiser Nero gelegte Brand im alten Rom ist so ein Beispiel. Historische Quellen liefern dafür keine eindeutigen Belege.

Im Zeitalter der Massenmedien wurde früh auch auf Bildmanipulation zurückgegriffen. Adolf Hitler und Josef Stalin etwa ließen in Ungnade gefallene Gefolgsleute gern mal aus Fotos wegretuschieren.

Soziale Medien, in denen sich Nachrichten verbreiten, ohne dass Journalisten sie überprüfen können, haben das Phänomen aber befeuert. Die dort eingesetzten Algorithmen tun ihr Übriges. Beim wissenschaftlichen Dienst des Bundestags heißt es dazu, ein geringer Wahrheitsgehalt habe nach Analysen dabei eher einen positiven Effekt auf die Verbreitung in sozialen Netzwerken als einen negativen.

Befeuert die Pandemie Fake News?

„Seit dem Corona-Ausbruch kursieren unzählige Falschbehauptungen über die Pandemie im Netz. In so einer Zeit suchen die Menschen einfache Antworten. Und die Erklärungen sind meist kompliziert“, sagt die Journalistin Teresa Dapp, die die Faktencheck-Redaktion der Deutschen Presse-Agentur leitet. Das macht es für Laien schwer, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. In sozialen Netzwerken und auf Demonstrationen von Coronaleugnern und Kritikern der Coronamaßnahmen werden Behauptungen verbreitet. Waren es anfangs die vermeintlich krank machenden Masken, sind es nun Fehlinformationen über das Impfen – etwa, dass der Impfstoff Nanopartikel mit 5G-Chips enthält oder die Behauptung, dass die Impfung Frauen unfruchtbar mache, obwohl es keinen wissenschaftlichen Beleg dafür gibt.

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Das Problem: Die Debatte wird sehr emotional geführt, weil persönliche Bereiche wie die Gesundheit betroffen sind. „In sozialen Netzwerken verbreiten sich Botschaften, die emotional aufgeladen sind, schneller“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Schweiger von der Universität Hohenheim. Die Beiträge hätten teilweise ganz beträchtliche Reichweiten.

Schaden Fake News der Demokratie?

„ Eine Gefahr für die Demokratie können falsche Behauptungen durchaus sein“, sagt die dpa-Faktencheckerin Teresa Dapp, „weil ein produktiver demokratischer Streit nicht mehr stattfinden kann, wenn man sich über grundlegende Fakten nicht einig ist. Das gefährdet den demokratischen Austausch.“

Umso wichtiger sei die gesellschaftliche Funktion von klassischen Medien, die Falschbehauptungen in Kanälen wie dem Messenger-Dienst Telegram aufgreifen und überprüfen. Einige Redaktionen steuern inzwischen mit eigenen Faktencheck-Abteilungen gegen, die Falschbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt abklopfen. Die dpa etwa veröffentlicht mehr als 1000 Faktenchecks pro Jahr. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn staatliche Stellen unabhängige Medien in Misskredit bringen. Auf die Spitze trieb das der frühere US-Präsident Donald Trump, der etablierte Medien beschimpfte.

Fällt das alles unter Meinungsfreiheit?

Die in Artikel 5 im Grundgesetz gefasste Meinungsfreiheit schützt, wie der Name schon sagt: Meinungen. Falsche Tatsachenbehauptungen fallen zwar nicht unter diesen Schutz. Aber: „Die Verbreitung von Unsinn ist nicht verboten“, sagt der Medienwissenschaftler Schweiger. Eine Ausnahme bildet das Leugnen des Holocaust, das im Strafgesetzbuch erfasst ist.

Und anders sieht es auch aus, wenn sich die falschen Behauptungen gegen eine Person oder ein Unternehmen wenden oder wenn mit einer Tatsachenbehauptung Straftaten begangen werden – etwa durch eine Beleidigung oder üble Nachrede, also eine ehrverletzende Behauptung. Soziale Netzwerke stoppen allerdings teilweise inzwischen die Verbreitung von Fake News. So löscht Facebook immer wieder Beiträge, die falsche Informationen im Zusammenhang mit Corona beinhalten.

Woran erkenne ich Fake News?

Manche Falschnachrichten sind schwer zu erkennen. Dazu gehören vor allem solche, die mit Bildern gestützt werden. „Deep Fakes“ heißen manipulierte Videos, die besonders schwer als unecht zu identifizierbar sind. Ganz grundsätzlich sollte man die Quelle prüfen. Über welche Kanäle wurde eine Nachricht veröffentlicht? Ist es der eigene Kanal des Urhebers? Und gibt es noch eine weitere Quelle für diese Behauptung?

Seriöse Medien prüfen den Ursprung ihrer Nachrichten genau auf diese Weise durch Recherchen. Sie kennen ihre Quellen, klopfen den Wahrheitsgehalt von bestimmten Aussagen ab, indem sie zum Beispiel auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen und verlassen sich nicht nur auf einen Urheber. Gefeit vor Falschnachrichten sind auch Journalisten nicht. Doch es gehört auch zur guten journalistischen Praxis, Fehler, die bemerkt werden, zu korrigieren.

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