Die 23. Auflage des Naturvision Filmfestivals steht unter der neuen Leiterin von Beatrix Wesle. Sie bringt in Ludwigsburg erstmals Filmemacher und Wissenschaftler zusammen. Und sie setzt sich dafür ein, den Nachwuchs zu fördern und für mehr Optimismus im Klimaschutz einzustehen.
Mit einem U-Boot begeben sich Forscher 4000 Meter tief in die Meere nahe der Arktis. Dort finden sie Plastikmüll und verrostete Dosen – und das obwohl im Umkreis von 1000 Kilometern keine Menschen leben. „Diese Szene hat mich wirklich betroffen gemacht“, sagt Beatrix Wesle, Leiterin des Naturvision Filmfestivals. Insbesondere, da den Menschen noch nicht ganz bewusst sei, dass sie Plastik wirklich konsumieren und im Körper haben.
Dieser Film ist einer von Hunderten, die beim Naturvision Filmfestival in Ludwigsburg gezeigt werden. Zum 23. Mal findet das Festival vom 18. Juli bis 21. Juli im Central Filmtheater statt – erstmals mit der neuen Leiterin Beatrix Wesle. Sie hat auch gleich neue Impulse gesetzt und ein Rahmenprogramm organisiert, bei dem sich Filmschaffende, Experten und das Publikum über Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen austauschen werden.
Klimawandel hört nicht an der Grenze auf
Während am Donnerstagvormittag bereits Filme für Schulklassen zu dem Themenschwerpunkt Wasser und Lebensräume gezeigt werden, wird das Festival erst um 19 Uhr offiziell mit dem internationalen Kurzfilmwettbewerb eröffnet. „Da darf unser Eröffnungspublikum 64 Minuten lang fünf unterschiedliche Filme sehen“, sagt Wesle. Neben Deutschland und der Schweiz stammen die Filmemacher auch aus den USA, Argentinien und Kolumbien. „Ich sage immer: ‚Klimawandel hört nicht an der Grenze auf’ und unser Kurzfilmwettbewerb zeigt das ganz besonders.“
Am Freitag liegt der Themenschwerpunkt auf Insekten und Biodiversität. Während es vormittags ein weiteres Schulprogramm gibt, bei dem die Kinder mit Experten über diese Inhalte sprechen, werden am Nachmittag auch Filme für Erwachsene gezeigt. Um 17 Uhr wird es zudem ein Insektenquiz für die Kinder mit dem Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht geben sowie einen „Sience Slam“ um 19 Uhr. Dabei präsentieren Wissenschaftler ihre Forschung auf unterhaltsame Weise, aber wollen auch zum Nach- und Umdenken anregen.
Die Motivation der jungen Generation verstehen
Der Leiterin ist besonders der Fokus auf die junge Generation wichtig. „Das ist eine ganz tolle Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, weil sie so offen und wissbegierig sind“, sagt Wesle. „Wenn man älter ist oder im Berufsleben steht, hat man weniger Möglichkeiten, sich diesen Themen zu widmen.“
Die Förderung der jungen Filmemacher ist ein weiterer Schwerpunkt. „Filmfestivals sind auch immer eine Plattform für Karrieren und ein Netzwerktreffen, das ihnen helfen kann, in die Branche einzusteigen“, sagt Wesle. Außerdem ist ihr wichtig, den Zuschauern Filme zu zeigen, durch die sie die jungen Menschen besser verstehen. „Was ist eigentlich die Motivation hinter unserer jungen Generation? Warum haben wir Klimakleber? Warum sind diese Konflikte da?“
So gibt es auch Porträts von jungen Aktivisten zu sehen. Denn diese würden Menschen zeigen, die „ins Machen kommen und zeigen, wie man ins Machen kommen kann“, sagt Wesle. Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wie die Umwelt geschützt werden kann, sei von Bedeutung, weil die junge Generation durch die ständige Konfrontation mit negativen Informationen eine Lähmung und einen Pessimismus verspüre.
Die Filme sollen nicht nur angeschaut werden, sondern auch etwas bewirken
Deshalb soll das Festivalprogramm die Besucher dazu anregen, eigene Entscheidungen in Bezug auf die Umwelt zu überdenken, etwa die Nutzung von Plastik oder den Fleischkonsum. „Wir sind wie so ein Impact Festival“, sagt die Leiterin. „Wir möchten natürlich nicht einfach nur Filme zeigen, sondern was bewirken.“
Dafür hat Beatrix Wesle auch neue Impulse gesetzt: Als Rahmenprogramm finden beim Open Air, das im Akademiehof stattfindet, erstmals Live-Talks zwischen Filmemachern und Wissenschaftlern statt. Eine Unterwasserkamerafrau erzählt etwa von den Veränderungen im Korallenriff, während ein Chemiker erklärt, was die Ludwigsburger in der Stadt gegen Mikroplastik tun können. „Es ist mir immer wichtig, dass wir einen Bezug haben zu unserem Leben“, sagt Wesle. „Nicht jeder ist Taucher, aber es betrifft uns alle vor Ort auch.“
Außerdem stellen sich beim neuen Format „Anders Wirtschaften“ Start-ups vor, die sich für Umwelt und Nachhaltigkeit einsetzen, damit die Besucher sehen, „dass sich schon viel bei uns tut und wir eine sehr innovative Gegend hier sind,“ sagt Wesle.
Der pessimistische Blick auf die Zukunft sei nicht notwendig
Den offiziellen Festivalabschluss markiert die Preisverleihung am Samstag um 19 Uhr, bei der in elf Kategorien Filme ausgezeichnet werden. Am traditionellen Sportsonntag wird es beim Open Air aber weiterhin Filme zu sehen geben. Dabei geht es auch um Mädchen, die davon träumen, in die indische Eishockeymannschaft aufgenommen zu werden. Zu diesem Anlass kommt auch eine Mädchen-Hockeymannschaft aus Ludwigsburg zur Veranstaltung.
Beatrix Wesle hofft, dass die Besucher offen und neugierig sind, sich vom Programm inspirieren lassen und auch mal andere Sichtweisen kennenlernen. Dadurch soll ein Perspektivwechsel in der Gesellschaft stattfinden, insbesondere bei der jüngeren Generation. „Dieser Pessimums, den viele haben und wodurch sie keine Nachrichten oder Filme in dem Bereich anschauen, ist gar nicht notwendig.“
Die Naturvision-Chefin und die Preise
Die Leitung
Beatrix Wesle hat im Januar 2024 die Aufgabe als Leiterin des Naturvision Filmfestivals übernommen. Sie ist seit 25 Jahren in der Filmbranche tätig und als ehemalige Filmeinkäuferin bei verschiedenen internationalen Festivals gewesen. Bevor sie die Leitung bei Naturvision übernahm, war sie beim Schweizer Sender SRF tätig.
Preisverleihung
Elf Filmpreise in einem Gesamtwert von über 35 000 Euro werden am 20. Juli verliehen. Dabei dürfen auch Kinder- und Jugendjurys jeweils einen Preis vergeben. Zum ersten Mal wird es auch eine Publikumsjury geben, für die sich Ludwigsburger im Voraus bewerben konnten.