Christiane Benner ist für schnelle Hilfen bei Energiekosten. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Die Stuttgarter DGB-Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Marktplatz stand in diesem Jahr im Zeichen des Kriegs und der sozialen Spaltung.

Der Krieg in der Ukraine und die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft sowie Fragen der sozialen Gerechtigkeit standen am Sonntag im Mittelpunkt der 1.-Mai-Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf dem Marktplatz. 3000 Teilnehmer hatte der Veranstalter für den Demonstrationszug vom Marienplatz zum Rathaus sowie die anschließende Kundgebung angekündigt. Der Marktplatz war allerdings dann doch nur lückenhaft gefüllt. Die Kundgebung begann mit einer Schweigeminute für die Opfer des Krieges in der Ukraine.

Die Hauptrednerin der Veranstaltung, an der sich zahlreiche Gewerkschaften, Friedensgruppen und soziale Verbände beteiligten, war die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner. Angesichts der steigenden Inflation forderte sie „schnelle und spürbare Hilfen für die Beschäftigten bei den Energiekosten“. Die Strom- sowie die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas sollten befristet gesenkt werden, so Benner.

Unterstützung der Verbraucher gefordert

In Bezug auf den technologischen Wandel in der Automobilindustrie verlangte die IG-Metallerin, dass die Entwicklung nicht zulasten der Beschäftigten gehen dürfe. Sie forderte in diesem Zusammenhang mehr Mittel für die Aus- und Fortbildung.

Pfiffe auf dem Marktplatz

Mit Blick auf den Ukraine-Krieg hält es Benner „für vertretbar“, dass Deutschland Verteidigungswaffen an die Ukraine liefert. Dafür erntete die Gewerkschaftschefin auf dem Marktplatz neben Applaus auch zahlreiche Pfiffe der Kundgebungsteilnehmer. Benner betonte, dass die IG Metall es ablehne, „dass der Krieg für eine Aufrüstungsspirale benutzt wird“. Sowohl das 100-Milliarden-Sondervermögen zum Ausbau der Bundeswehr als auch die Erhöhung der Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts lehne die Gewerkschaft ab.

Zuvor hatte Udo Lutz, Vorsitzender des DGB-Stadtverbands Stuttgart, unterstrichen, dass in der Landeshauptstadt die dringlichsten Aufgaben in den Bereichen Wohnen, Kitas und Gesundheitsversorgung bestünden. „Wir fordern mehr bezahlbare Wohnungen und eine klare Deckelung der Mieten“, sagte Lutz. Auch ein konsequentes Vorgehen gegen Leerstand sei erforderlich.

Forderung nach Mietzuschuss

Monika Stark-Murgia, Sozialarbeiterin und Personalrätin im städtischen Jugendamt, stieß ins selbe Horn. Sie forderte einen Zuschuss für städtische Mitarbeiter, die sich aufgrund ihres Einkommens ihre Miete in der Stadt nicht mehr leisten könnten. „Andere Städte zahlen in diesen Fällen bereits eine Zulage“, sagte Stark-Murgia. In Bezug auf die laufende Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst zwischen städtischen Beschäftigten und kommunalem Arbeitgeber kündigte die Personalrätin für diesen Montag in Stuttgart Streiks bei Beschäftigten in der sozialen Arbeit sowie für Mittwoch bei Erzieherinnen und Erziehern.

Am Rande des Demozugs kam es zu einem Zwischenfall: Es gelang einer größeren Gruppe, einen Mann zu befreien, den die Polizei festgenommen hatte. Es habe sich eine Gruppe von etwa 40 bis 50 Personen vom Demozug entfernt, sagt der Polizeisprecher Jens Lauer. Diese Gruppe wollte an einem städtischen Gebäude ein Plakat anbringen, das Rassismusvorwürfe gegen die Polizei zum Thema hatte. Die Polizei schritt ein und nahm einen Mann fest. Eine etwa 30-köpfige Gruppe habe sich dann gegen die Beamten solidarisiert. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstock ein, dennoch gelang es der Gruppe, den Mann zu befreien, so Lauer. Seine Personalien waren davor schon aufgenommen worden.