Michael (Oscar Isaac) und Ana (Charlotte Le Bon) kämpfen um ihre Liebe, doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihnen. Foto: Capelight Pictures Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Esslingen - Wer den Massenmord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg beim Namen nennt, hat heftigen Gegenwind zu fürchten. Bis zu 1,5 Millionen Menschen haben damals im Osmanischen Reich ihr Leben verloren, doch die Türkei weigert sich bis heute, von Völkermord zu sprechen. Und wer es dennoch tut, wird heftig attackiert. Das musste auch Regisseur Terry George erfahren, als er das Historiendrama „The Promise“ verfilmte. Namhafte Hollywood-Studios sollen aus Furcht vor Sanktionen abgewunken haben, und als der Film doch in die US-Kinos kam, hagelte es im Internet negative Bewertungen. Dass „The Promise“ 60 000 Mal niedergestimmt wurde, noch ehe der Film im Kino lief, ließ eine gezielte Kampagne vermuten. Nun darf sich das deutsche Kinopublikum selbst ein Urteil bilden.

Die Geschichte beginnt 1914: Die Welt ist aus den Fugen, das Osmanische Reich ist in der Krise, und in der Hauptstadt Konstantinopel, die sich bis dahin so viel auf ihre multikulturelle Lebendigkeit zugute hielt, verschärfen sich die ethnischen Konflikte von Tag zu Tag. Trotzdem kommt der junge Apotheker Michael Boghosian (Oscar Isaac) voller Hoffnung in die Metropole, um Medizin zu studieren und später die moderne Medizin in sein Heimatdorf Siroun zu bringen, wo türkische Muslime und armenische Christen seit Jahrhunderten einträchtig zusammenleben.

Eine Frau zwischen zwei Männern

Mehr noch als die medizinische Wissenschaft fasziniert Michael die schöne Ana (Charlotte Le Bon), eine armenische Künstlerin, die nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters aus Paris nach Konstantinopel gekommen ist - zusammen mit dem amerikanischen Journalisten Chris Myers (Christian Bale), der sie begehrt. Doch er muss mit ansehen, wie sich Ana mehr und mehr zu Michael hingezogen fühlt, mit dem sie sich durch die armenischen Wurzeln verbunden fühlt. Die beiden Männer buhlen um Anas Gunst, doch bald haben sie andere Sorgen: Mehr und mehr geraten die ethnischen Minderheiten im Land in Bedrängnis, für Ana und Michael geht es ums Überleben. Und Chris muss erleben, was Journalisten auch heute in der Türkei widerfahren kann: Wer allzu kritisch ist, wird mundtot gemacht. Derweil geloben Ana und Michael einander, alles zu tun, um zu überleben - und um ihre Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren.

„Als Filmemacher sehe ich es als meine Herausforderung an, Geschichten und Figuren zu (er-)finden, die es mir erlauben, Kinozuschauer mit einem Ereignis zu konfrontieren, über das sie bislang nur wenig oder gar keine Kenntnis besaßen und ihnen so zu zeigen, dass der menschliche Geist selbst im Angesicht der widrigsten Umstände überleben und triumphieren kann“, sagt Terry George über seinen neuen Film. Der Regisseur wollte ein weithin vergessenes, schmachvolles Stück Weltgeschichte im Brennspiegel ganz persönlicher Schicksale zeigen. Dass die Romanze von Ana und Michael allzu pathetisch erzählt wird, nimmt der Geschichte jedoch einiges von ihrer Wirkung: Stimmungsvolle Bilder, heiße Liebesnächte und Herzschmerz passen einfach nicht zu den grauenhaften Wahrheiten eines Völkermordes.

Terry George thematisiert nach „Hotel Ruanda“ erneut den Genozid an einer ethnischen Minderheit. Dass er das wahre Weltgeschehen mit einer allzu kitschig gezeichneten Liebesgeschichte verbindet, tut dem Film nicht gut. Trotzdem bleibt sein Verdienst, gegen alle Widerstände an den Völkermord an den Armeniern zu erinnern.