Anna Loos und die Band Silly erzählen ihre Geschichte. Foto: Arsenal Quelle: Unbekannt

Von Sophia-Caroline Kosel

Esslingen - Es war wenige Jahre vor dem Mauerfall: Wegen eines Missverständnisses kaufte die Schauspielerin und Sängerin Anna Loos ihre erste Schallplatte der Gruppe Silly: „Ich war ein bisschen enttäuscht, dass es keine Westplatte war, wovon ich ausgegangen bin, weil eine Schlange vor dem Laden stand.“ Die Brandenburgerin hörte sich „Bataillon d’Amour“ dennoch an und war begeistert. Sie verehrte die Sängerin Tamara Danz. Viele Jahre später wurde sie deren Nachfolgerin. Sven Halfars Dokumentarfilm „Silly - Frei von Angst“ erzählt diese Geschichte und bietet Einblicke in den Alltag der Band. Silly wurde 1978 in Ost-Berlin gegründet, war eine der erfolgreichsten Rockgruppen in der DDR und zählt nun zu den erfolgreichsten Bands aus dem Osten Deutschlands.

Bodenständig und sympathisch

In Halfars 113-Minuten-Doku ist der Zuschauer bei der „Wutfänger“-Tour vor und hinter der Bühne dabei und kann das Ringen um neue Songs im Studio verfolgen. Zudem sprechen die Musiker ausführlich über Vergangenheit und Gegenwart. Sie wirken sehr bodenständig und sympathisch, wachsen dem Zuschauer schnell ans Herz. In einer der nachhaltigsten Szenen steht ein Fernseher auf dem Boden. „Tagesschau“-Sprecherin Dagmar Berghoff liest die Meldung über den Tod von Tamara Danz vor. Die charismatische erste Stimme der Band starb 1996 an Krebs. „Solche Momente graben sich ganz tief ein“, sagt Bassist Jäcki Reznicek. „Lass nicht auch noch Silly sterben“, habe ihm Tamara Danz vor ihrem Tod gesagt. Und Gitarrist Uwe Hassbecker, der auch ihr Ehemann war, berichtet: „Während ich Ideen gesucht habe, die Band am Leben zu erhalten, wurde Tamara immer mehr zum Mythos.“

Rund ein Jahrzehnt verdienten die Musiker ihr Geld etwa als Produzent, Musikhochschuldozent und Begleitband von Joachim Witt. Dann war die Zeit reif für eine neue Sängerin. Anna Loos erklomm die Silly-Bühne: „Meine erste Reaktion war: Wieder so eine Schauspielerin, die singt“, blickt Reznicek zurück. „Aber sie konnte alle Texte.“ Mittlerweile schreibt sie diese auch. Im Film wirkt die Band wie ein eingeschworener Freundeskreis. Dass alle noch ein anderes Zuhause haben, gerät fast in Vergessenheit. Es wird viel gescherzt und umarmt und auf die Wangen geküsst. Zoff sieht man kaum. Aber Hassbecker sagt: „Es sind vier starke Charaktere, die aufeinander treffen. Das macht es manchmal nicht einfach.“

Erst der Mauerfall, dann der Tod der Sängerin Tamara Danz - die Band Silly hat bewegte Zeiten hinter sich. Im nächsten Jahr wird sie 40 Jahre alt. Sven Halfars Dokumentarfilm gewährt Einblicke in den Musiker-Alltag.