Von Ulrike Cordes

Esslingen - Beim Titel „High Society“ schwärmen ältere Filmfans unwillkürlich von Grace Kelly und wie sie auf einer Bootstour mit dem unvergleichlichen Bing Crosby den romantischen Song „True Love“ anstimmte. Anika Deckers neuer Film „High Society“ ist aus anderem Holz geschnitzt als der Hollywood-Klassiker von 1956 - nicht nur wegen des Untertitels „Gegensätze ziehen sich an“: Knallhart richtet sich diese Liebeskomödie an ein deutlich junges Publikum und buhlt mit schnellen Bildern aus dem Berlin der Gegenwart, poppiger Musik und frechen Sprüchen um Aufmerksamkeit.

Dabei hat auch dieser Filmspaß durchaus seine Meriten. Anika Decker, die bislang als Drehbuchautorin für Kinohits wie „Keinohrhasen“ und „Rubbeldiekatz“ reüssierte, baut in die von ihr selbst verfasste, eher seicht daher kommende Geschichte auch nachdenkenswerte Aspekte ein. So geht es um Identitätssuche und wahre Werte. Und ein erstklassiges Darstellerensemble lässt sich spürbar mitreißen vom schrägen Geschehen und macht so aus dieser „High Society“ eine schrill-amüsante Gesellschaftssatire.

Allen voran agiert Katja Riemann schwer berlinernd als Proletin mit buddhistischen und konsumkritischen Ambitionen. Ihre Carmen Schlonz, eine Supermarktkassiererin, die den Kunden so manches Produkt ausredet, ist die wahre Mutter der Heldin Anabel von Schlacht (Emilia Schüle). Bislang wähnte sich die 25-Jährige als Tochter einer schwerreichen, dekadenten Unternehmerfamilie. Lebte ein Leben mit Designerklamotten und Luxusparties, in dem allein ihre Bis-Dato-Mutter Trixi (Iris Berben) nervte. Denn diese Frau mit gelifteten Pobacken und gekauftem Realschulabschluss kreist allein um sich und ihr Image als Charity-Lady. Doch dann stellt sich bei einem handfesten Skandal heraus, dass Anabel als Baby in der Klinik vertauscht worden war.

Gute Laune und kleine Einsichten

Also machen sich die gutherzige Anabel und ihr Gegenstück, die aufstiegswillige Aura Schlonz (Caro Cult), auf den Weg in ihre eigentlichen Elternhäuser: Die eine in die modernistische Protzvilla der von Schlachts, die andere in die Plattenbau-WG, in der Mutter Schlonz mit zwei weiteren Kindern und einem illegalen Untermieter haust. Schon vor der Haustür gerät Anabel in Disput mit dem attraktiven Polizisten Yann (Jannis Niewöhner), der ebenso spitzzüngig drauf ist wie sie. Die turbulenten Szenen und Begegnungen, die folgen, bis die Heldin am Ende weiß, wohin sie gehört, sind leichtfüßige Kinokost. Nicht zuletzt sorgen Dialogzeilen wie „Wer Geld hat, hat auch Brüste“ für gute Laune und gelegentlich eine kleine Einsicht.

Als Autorin von Kinohits wie „Keinohrhasen“ hat sich Anika Decker bereits einen Namen gemacht. Mit „Traumfrauen“ feierte sie 2016 ihr erfolgreiches Regiedebüt. Und nun ist ihr auch die Komödie „High Society“ zur amüsanten Unterhaltung geraten.