Spider-Mans waghalsige Turnübungen auf den Dächern Londons. Foto: Sony Pictures - Sony Pictures

Superhelden stehen derzeit im Kino hoch im Kurs. Nun bringt Regisseur Jon Watts mit „Spider-Man: Far From Home“ das zweite Solo-Abenteuer des Spinnenmannes in die Kinos.

EsslingenDie Superheldensaison ist in vollem Gange. Nach dem „Avengers“-Finale „Endgame“ mit Hulk, Thor, Iron Man und Konsorten geht nun ein schmaler Junge namens Peter Parker alias Spider-Man mit einem neuen Filmabenteuer ins Rennen. Regisseur Jon Watts bringt mit „Spider-Man: Far From Home“ nun das zweite Solo-Abenteuer des Spinnenmannes mit Tom Holland in der Hauptrolle in die Kinos. 2017 hatte Holland in „Spider-Man: Homecoming“ als Spinnenheld debütiert.

Endlich mal durchatmen, sich mal für ein paar Tage lossagen vom aufreibenden Dasein als stets gut gesinnter Superheld: Groß ist die Freude bei Peter Parker, als er einen Flieger gen Venedig besteigen darf. Und Kumpel Ned (Jacob Batalon) ist stets an seiner Seite. Von der Vorstellung einer erholsamen Klassenfahrt muss sich der 16-jährige Held jedoch alsbald verabschieden: Nicht nur, dass ständig Peters Handy klingelt – rund um die Rialtobrücke warten auch schnell erste Aufgaben auf den Spinnenmann. Binnen kürzester Zeit muss Peter sich entscheiden: Geht er den von Tony Stark, seinem jüngst in „Avengers: Endgame“ verstorbenen Mentor, für ihn vorgesehenen Weg als Mann der Tat weiter, oder widmet er sich lieber den Schmetterlingen in seinem Bauch? Peters große Liebe MJ ist nämlich beim Schul-Trip mit dabei. Nicht nur nach Venedig verschlägt es Peter Parker und seine Kameraden: Es geht auch in die österreichischen Alpen, nach Prag und schließlich nach London. Die wenigen Berlin-Minuten, die es in diesem Film recht überraschenderweise auch gibt, sind kaum der Rede wert.

Tom Holland mausert sich immer mehr als neuer Spider-Man. Fast reicht er gar an Tobey Maguire heran, der in den legendären Filmen von 2002, 2004 und 2007 den nach einem Spinnenbiss mit Superkräften ausgestatteten jugendlichen Helden aus New York geben und Maßstäbe setzen durfte. Jake Gyllenhaal stellt eine wunderbare Bereicherung dar. Der von ihm verkörperte Mysterio wird hier sehr geschickt als (vermeintlicher) Held eingeführt. Fans der großartigen Marisa Tomei müssen auch nicht darben. Nach ihrem erquicklichen Auftritt im zurückliegenden „Spider-Man“ sorgt sie auch diesmal als Peters Tante für gehörig Schwung und Lebensfreude. Samuel L. Jackson spielt seinen Nick Fury so routiniert wie bereits in anderen Marvel-Werken. Auch für Nick Fury hält dieser wendungs- und überraschungsreiche Film ein paar hübsche Ideen parat. Schmerzlich vermisst wird Robert Downey jr., der als Tony Stark alias Iron Man diesmal nur in Rückblenden in Erscheinung treten darf.

Jon Watts’ „Spider-Man: Far From Home“, der mit einer famosen Musikauswahl von AC/DC über Debussy bis Whitney Houston aufwartet, präsentiert sich als überraschend komplexe Superheldengeschichte. Das ausgeklügelte Verwirrspiel rund um Wahrheit und Täuschung erinnert in seinen stärkeren Momenten etwas an den Kultfilm „Inception“ von Christopher Nolan. Zeitweise nimmt sich das Geschehen aus wie ein geschickt verkleideter Kommentar zum aktuellen Diskurs rund um Fake News und ähnliche Fragen des digitalen Zeitalters. Ganz bei sich aber ist der neue „Spider-Man“ vor allem in den romantischen Sequenzen. Die bereits 2017 im Vorgänger „Homecoming“ angekündigte Romanze zwischen Peter und MJ wird auf rührende Art weitergesponnen. Was nicht zuletzt daran liegt, dass sich beide – sowohl die von der wunderbaren Aktrice und Sängerin Zendaya verkörperte MJ als auch Peter – in Liebesdingen als ausgesprochen ungeschickt erweisen. In der schönsten Szene dieses Films spielt auch die Londoner Tower Bridge eine gewichtige Rolle. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte dieser Heldenfilm nicht die Kassen der Kinowelt zum Klingeln bringen.

„Spidey“ ist zurück: Auf Klassenfahrt in Europa will sich der freundliche Superheld von nebenan von seinen mühsamen Aufgaben erholen. An Tom Hollands Seite zu sehen ist Jake Gyllenhaal.