Finanzmanager Oliver (Tom Schilling, unten Mitte) lernt in einer Behinderten-WG, was wirklich zählt im Leben. Foto: Sony Pictures - Sony Pictures

Filmemacher haben nicht immer ein Händchen, wenn sie Behinderte zeigen. Alireza Golafshan nimmt in seiner neuen Kino-Komödie „Die Goldfische“ Menschen mit Handicap, wie sie sind.

EsslingenManchmal schlägt das Schicksal aus heiterem Himmel zu, und das eigene Leben in Sekunden auf den Kopf gestellt. Solche Geschichten werden im Kino gern erzählt – zum Beispiel in Alireza Golafshans neuer Komödie „Die Goldfische“, die augenzwinkernd daran erinnert, dass Behinderte ein Recht darauf haben, als ganz normale Menschen behandelt zu werden.

Oliver (Tom Schilling) hat nur seinen Job als Finanzmanager im Sinn – sein ganzes Leben spielt sich auf der Überholspur ab. Als er es wieder mal zu eilig hat, drückt er aufs Gaspedal und kracht frontal in den Gegenverkehr. Was bleibt, ist eine Querschnittslähmung und die Aussicht auf ein Leben im Rollstuhl. Die Reha wird für Oliver zur Qual – weil ihm das WLAN dort zu langsam ist. Schließlich landet er in einer schrägen Behinderten-WG, die sich „Die Goldfische“ nennt: Magda (Birgit Minichmayr) ist eine blinde Zynikerin mit derbem Humor, Rainman (Axel Stein) und der stumme Michi (Jan Henrik Stahlberg) sind Autisten, Franzi (großartig: Luisa Wöllisch), ein Wonneproppen mit Down-Syndrom, will lieber Glamour statt innerer Werte. Und die Betreuer Laura (Jella Haase) und Eddy (Kida Khodr Ramadan) haben alle Hände voll zu tun, um ihre „Goldfische“ auf Kurs zu halten. Egoist Oliver tut zunächst so, als würde er nicht dazugehören, doch bei Laura beißt er damit auf Granit. Als er erfährt, dass die Behörden seinem Schwarzgeld-Depot in der Schweiz auf der Spur sind, ist guter Rat teuer – auch für seinen Kollegen Julius (Klaas Heufer-Umlauf), der mit Behinderten wenig anzufangen weiß. Schließlich kommt Oliver eine verrückte Idee: Scheinbar großzügig spendiert er den „Goldfischen“ eine Kamel-Therapie in der Schweiz. Und als sich die Truppe in einem klapprigen Kleinbus auf den Weg macht, ahnt keiner, dass Oliver die Aktion nur zum Schwarzgeld-Schmuggel nutzt. Wer würde schon einen Bus voller Behinderter an der Grenze kontrollieren...?

„Wenn ich den Umgang mit Menschen mit Behinderung beobachte, fällt mir auf, dass viele vor lauter Mitleid häufig unbeholfen handeln, weil plötzlich die Behinderung im Vordergrund steht und nicht der Mensch“, sagt Produzentin Justyna Muesch. „Mir gefiel diese Ausgangssituation, einen Film mit einer derart provokativen Prämisse zu machen, bei der man Unsicherheiten und Vorurteile entlarvt, aber gleichzeitig darüber lachen kann. Dabei war uns wichtig, nie die Augenhöhe zu verlieren.“ Alireza Golafshans Kino-Debüt kommt etwas verhalten auf Touren, nimmt dann jedoch mehr und mehr Tempo auf – je größer das Chaos wird, desto vergnüglicher ist dieser Film, der ohne die etwas bemühten Anleihen bei Filmklassikern noch überzeugender geworden wäre. Er ist immer dann am besten, wenn sich der Regisseur ganz auf seine vorzüglichen Hauptdarsteller konzentriert, die herrlich unverkrampft in ihre Rollen schlüpfen und dabei nie Gefahr laufen, ihre Figuren nur vordergründig zu karikieren.

Alireza Golafshans neue Komödie „Die Goldfische“ wirbt für einen unverkrampften Umgang mit Behinderten. Starke Darsteller und der Sinn des Regie-Debütanten für Situationskomik machen diesen Film vor allem im zweiten Teil zum Vergnügen.

Zum Filmstart verlosen wir Fan-Pakete mit je zwei Freikarten, einem Rucksack und einem Sweatshirt mit „Goldfische“-Logo. Wenn Sie gewinnen wollen, schreiben Sie an die Eßlinger Zeitung, „Kino & Kritik“, Marktplatz 6 in 73 728 Esslingen und notieren Sie den Namen des Regisseurs.