Zusammen mit dem Piloten Steve (Chris Pine) will Wonder Woman (Gal Gadot) dem Irrsinn des Ersten Weltkriegs ein Ende bereiten. Foto: Warner Bros. Quelle: Unbekannt

Von Matthias von Viereck

Esslingen - Die Welt der Superhelden ist eine männliche. Spider-Man oder Batman, Superman oder Thor, Captain America oder Iron Man - das Kino der Comic-Verfilmungen ist dominiert von muskulösen Kerlen in oftmals bunten Fantasie-Kostümen. Zwar dürfen in Reihen wie „Avengers“ oder „X-Men“ zuweilen auch mal Heldinnen mitkämpfen, einen ganzen Film aber dürfen sie nur selten tragen. Nun verpasst Regisseurin Patty Jenkins mit ihrem actionreichen Fantasy-Abenteuer „Wonder Woman“ dem mit Testosteron getränkten Superheldenkino eine ordentliche Prise an weiblichem Charme - die Titelrolle übernahm Gal Gadot.

Ihren Ursprung hat die Figur der Wonder Woman in einem vor 76 Jahren veröffentlichten US-Comic. Die filmische Adaption beginnt auf einer kleinen, nur von Amazonen bewohnten Insel namens Themyscira, einst zum Leben erweckt von niemand Geringerem als Göttervater Zeus. Auf diesem paradiesischen Eiland wird die kleine Diana von ihrer Tante (Robin Wright) in die Kunst des kriegerischen Zweikampfes eingeweiht. Vollends zur Wonder Woman aber soll Diana erst heranreifen, als ein mysteriöser Zwischenfall das trügerische Idyll der Amazonen erschüttert: Sie muss den abgestürzten Kampfpiloten Steve (Chris Pine) aus dem Meer retten. Wir schreiben das Jahr 1918, der Erste Weltkrieg liegt in den letzten Zügen und Steve berichtet von grausamen Dingen. Gemeinsam mit Steve beschließt Wonder Woman, dem kriegerischen Treiben ein Ende zu setzen.

Gal Gadot, einst zur „Miss Israel“ gekürt, hat sich als Darstellerin bisher vor allem durch ihre Auftritte in der erfolgreichen Sportflitzer-Reihe „Fast & Furious“ hervorgetan. Nun schlüpft sie ins gleißende Kostüm der bekanntesten Superheldin überhaupt, und diese Verwandlung gelingt ihr erstaunlich gut: Ihre Wonder Woman ist eine schlagkräftige, aber auch empfindsame Powerfrau. Gadot weiß, ihre weiblichen Attribute in Szene zu setzen, einer allzu platten, gar sexistischen Inszenierung beugen Gadot und Regisseurin Jenkins aber jederzeit vor. Ob Gadots Wonder Woman, wie von einigen US-Medien bereits diskutiert, zur feministischen Ikone taugt, steht auf einem anderen Blatt. Chris Pine, der in diesem 141-Minüter an Wonder Womans Seite kämpft, enttäuscht ein wenig. Er kann mehr, das hat er bewiesen. Denkbar, dass er sich zurückhält, um Wonder Woman den Vortritt zu lassen.

Bei allen Schwächen, die auch diese Comic-Adaption plagen - so sind die Bösen recht eindimensional angelegt -, ist es vor allem der naive Charme der Kriegerprinzessin, der den Film beseelt. Wonder Womans Glaube an das Gute, ihr Glaube daran, dass sie allein den Horror des Ersten Weltkriegs beenden kann, ist rührend. Das Superheldenkino liebt prägnante, teils kalenderspruchartige Sentenzen. Während uns ein Spider-Man stets einbläut, dass mit großer Macht „große Verantwortung“ einhergehe, setzen Jenkins und Gadot ganz auf die Kraft der Liebe: Nur sie könne die Welt wirklich retten.

Fortsetzung folgt bestimmt

Nach vielen düsteren Comic-Verfilmungen in den vergangenen Jahren ist dies eine überraschend positive, durch keinerlei Ironie gebrochene Aussage. Dass diese Botschaft nicht etwa lächerlich wirkt, liegt nicht zuletzt an der wunderbaren, zuweilen die ganze Leinwand illuminierenden Eleganz der Gal Gadot. Einer möglichen „Wonder Woman“-Fortsetzung, die sich bereits andeutet, sieht man jedenfalls mit freudiger Erwartung entgegen. Kommenden Winter schon soll die Amazonen-Prinzessin in „Justice League“ erneut an der Seite von Bat- und Superman agieren.

Mit schwarzer Mähne, güldenem Schild und Schwert sowie sehr viel Verve schickt sich Wonder Woman an, dem Superheldenkino eine weibliche Note zu verpassen. Das gelingt Hauptdarstellerin Gal Gadot und ihrer Regisseurin Patty Jenkins hervorragend.