Wilson (Woody Harrelson) genießt das Familienidyll mit Ex-Frau Pippi (Laura Dern) und Tochter Claire (Isabella Amara, von rechts). Foto: Fox Quelle: Unbekannt

Von Gisela Ostwald

Esslingen - Wer ist dieser Wilson? Ein verschrobener Typ in mittleren Jahren, ein Weltverbesserer, der die Welt nicht mehr versteht. Seinen Unmut tut Wilson kund - ungefragt und ungefiltert, ob auf der Straße oder in einer öffentlichen Toilette. Der amerikanische Cartoonist Daniel Clowes schuf die Figur 2010 in seinem Comic-Roman „Wilson“. Regisseur Craig Johnson bringt das Buch nun mit seinem gleichnamigen Komödiendrama auf die Leinwand.

Clowes’ Vorlage besticht mit ihrem scharfen, oft dunklen Humor. Der Film ist seichter. Er startet als Satire, verliert sich dann aber in Melodramatik. Dabei schrieb Clowes auch das Drehbuch und arbeitete mit Johnson an der Umsetzung seiner Cartoons für die Leinwand. Der Regisseur landete mit seiner Besetzung der Hauptrolle einen Volltreffer. Woody Harrelson überzeugt als skurriler Außenseiter Wilson. Ihm gelingt es, Sympathie für den Kauz zu wecken. Die erste Hälfte des Films zeigt Wilson, von Büchern umgeben und mit seinem geliebten Terrier Pepper an der Seite, in einer Stadt in Minnesota im Norden der USA. Er ist allein nach dem Tod des Vaters und dem Umzug des letzten ihm noch verbliebenen Freundes. Einsam und frustriert verschafft er sich Luft mit verbalen Attacken auf Fremde. Zu denen, die wir kennenlernen, zählt ein junger Mann im Bus. Er ist neben Wilson der einzige Passagier an Bord. Ungeachtet von Dutzenden freier Sitze nimmt Wilson ausgerechnet neben ihm Platz und drängt dem Mann während der Busfahrt lang seine Meinungen auf.

Geplagter Papi mit Teflon-Lächeln

Ein wenig Action bringt Wilsons Ex, genannt Pippi, ins Spiel. Sie wird von Laura Dern brillant dargestellt. Ihre Pippi arbeitet in einem Restaurant, fest entschlossen, einen Schlussstrich unter Jahre des Drogenkonsums und offenbar auch der Prostitution zu ziehen. Mit der Rückkehr in ein ruhiges Fahrwasser ist es vorbei, als sie ihrem Ex ein Geheimnis verrät: Wilson ist der Vater einer 17-Jährigen. Statt die Schwangerschaft am Ende ihrer Ehe abzubrechen, hatte Pippi die gemeinsame Tochter Claire geboren und zur Adoption freigegeben. Wilson ist außer sich vor Freude - ein Kind gibt seinem Leben einen Sinn. Er träumt von einer Familie mit Pippi, ihm und der Tochter. Ärgerlich ist, dass Regisseur Craig Johnson den Film dann bald in Melodramatik versickern lässt. Wilson ist so von der Vaterrolle erfüllt, dass er alle Torturen mit einem Teflon-Lächeln hinnimmt. Vergessen ist die Streitlust vergangener Tage. Das i-Tüpfelchen dieser Seichtheit liefern schließlich die Schlussszenen: Statt die Scherben seines Handelns aufsammeln zu müssen, endet der Film für Wilson äußerst sanft.

Craig Johnsons „Wilson“ ist das Porträt eines einsamen Mannes, der mit Menschen nichts anzufangen weiß - bis er entdeckt, dass er eine heranwachsende Tochter hat und sein Leben auf den Kopf gestellt wird.