Von Barbara Munker

Esslingen - „Baby Driver“ ist die wohl die schrägste Mischung dieses Kinosommers: brutale Action im Stil von Quentin Tarantino, dazu perfekte Musik-Choreographie wie in „La La Land“, und eine romantische Portion Gangsterliebe à la „Bonnie und Clyde“. Kann das gut gehen? Schon nach der Einstiegsszene ist die Antwort klar: „Baby Driver“ läuft wie geschmiert. Baby sitzt am Steuer eines knallroten Fluchtwagens, aus den Kopfhörern dröhnt der Punk-Rock-Song „Bellbottoms“. Die laute Musik übertönt die Schüsse der Bankräuber. Mit quietschenden Reifen gibt Baby Gas, perfekt auf den Beat zugeschnitten. Fünf Minuten lang klammert man sich am Sitz fest und lässt zwei Stunden lang nicht mehr los.

Das Klingeln im Ohr hört nie auf

Ansel Elgort mimt den todesmutigen Fahrer. Sein Auftraggeber ist der Gangsterboss Doc (Kevin Spacey), der hier so kaltblütig und bedrohlich ist wie sein US-Präsident Frank Underwood in „House of Cards“. Mit Sonnenbrille, Kopfhörern und steinerner Miene ist Baby der ultracoole Fluchtfahrer, doch das ist nur die Fassade. Flashbacks blicken auf einen traumatischen Autounfall in seiner Kindheit zurück. Seitdem leidet er an Tinnitus, das Klingeln im Ohr will er mit lauter Musik zum Schweigen bringen. Und er hat das Gangsterleben satt. Er muss nur noch eine alte Schuld bei Doc begleichen, dann will er aussteigen. Kein Wunder, wenn man sich die übrige Bande ansieht: Jon Hamm spielt den psychopathischen Buddy, Eiza González seine kaltblütige Flamme Darling, Jamie Foxx den schießwütigen Bats. Als Baby seine große Liebe Deborah (Lily James) trifft, steht für beide fest: zusammen mit dem Auto gen Westen abhauen und nie mehr anhalten. Doch ein brenzliger Raubüberfall steht noch an.

Edgar Wright hat die Story erdacht und inszeniert. „Baby Driver“ ist quasi ein 113 Minuten langes Musikvideo. Jede Szene ist im Takt der Songs geschnitten. Elgort tänzelt geschmeidig durch die Straßen, wenn er nicht gerade Gas gibt und mit den Fingern auf dem Lenkrad trommelt. Die Playlist ist eine bunte Genre-Mischung: vom R&B-Hit „Easy“ der Commodores über den Latin-Song „Tequila“ zu Jazz, Beach Boys, Queen und Barry White. Und dazu der titelgebende Song „Baby Driver“ von Simon & Garfunkel. Neben so viel Coolness und Styling hat der Film auch noch Herz. Das zeigt sich vor allem, wenn Baby die alte Kassette mit den Liedern seiner verstorbenen Mutter hört. Oder wenn er sich um den alten, tauben Rollstuhlfahrer Joseph kümmert. „Du hast nichts in dieser kriminellen Welt zu suchen“, fleht ihn der alte Mann in Gebärdensprache an. Am Ende wird er recht behalten.

„Baby Driver“ ist kein gewöhnlicher Gangsterfilm. Regisseur Edgar Wright feuert mit Musik die Action an. Ansel Elgort gibt als Fluchtwagenfahrer Gas.