Fußgängerzone in Radolfzell, mit dem spätgotischen Münster Unserer Lieben Frau. Foto: Panitz Quelle: Unbekannt

Von Jakob Panitz

Radolfzell ist mit 31 000 Einwohnern die drittgrößte Stadt am Bodensee. In punkto Übernachtungszahlen kann sie diese Platzierung nicht halten - obwohl die Besucher und Gäste mit dem Zug ziemlich dicht an die Altstadt heran fahren können. Ganz nah dran, das war seinerzeit, Mitte des 19. Jahrhunderts, auch das Hauptargument für die Eisenbahnlinie direkt am See. Dafür mussten damals auch einige historische Gebäude weichen. Aber immer weniger reisen heutzutage mit der Bahn an ihr Urlaubs- oder Ausflugsziel.

Kurpark zum Flanieren

Aus heutiger Sicht wäre es für den Tourismus besser gewesen, statt Schienen eine Flaniermeile am Bodenseeufer zu haben. Dann hätten die Radolfzeller auch eine größere Altstadt - und sicherlich mehr Gäste. Trotzdem ist Radolfzell auf jeden Fall eine Reise wert: Das liegt vor allem an der Halbinsel Mettnau, ein Naturschutzgebiet, das weit in den See hinein ragt. Hier, wo 1956 Liebesszenen des bekannten Heimatfilms „Die Fischerin vom Bodensee“ gedreht wurden, gibt es ein Kurzentrum für Bewegungstherapie mit schönem Kurpark, der zum Flanieren, direkt am See, einlädt.

Auch Restaurants und ein Strandcafe laden zum Besuch ein, ebenso das Mettnau-Strandbad, eines der größten Freibäder direkt am Bodensee. Vom 18 Meter hohen Aussichtsturm aus Holz hat man einen schönen Blick auf den Bodensee und die Insel Reichenau.

Überhaupt dürften in diesem Jahr die Übernachtungszahlen in Radolfzell einen neuen Rekord erreichen, denn ein besonderes Jubiläum wird gefeiert: Vor 750 Jahren wurde Radolfzell das Stadtrecht verliehen. Unter dem Motto „Jeden Moment wert“ stehen 2017 an über einhundert Tagen insgesamt 60 Veranstaltungen und Projekte auf dem Programm - von Ausstellungen über Festivals und Kunstevents zu Genießertreffen und Sportaktionen.

Zu den Attraktionen zählt das jetzt bevorstehende 2. Radolfzeller Bildhauersymposium im Mettnaupark. Dort arbeiten Künstler an ihren Skulpturen, es wird geklotzt, nicht gekleckert. Mit Hämmern und Meißeln, Motorsägen und Schweißgeräten bearbeiten sie vor den Augen der Besucher und Flaneure vom 12. bis 20. Mai 2017 ihre Werkstoffe Stein, Holz oder Metall zum Thema „Naturmomente“.

Bildhauern über die Schulter sehen

Täglich, außer sonntags, kann den sechs international renommierten Bildhauern über die Schulter geschaut werden. Zwei Jahre lang werden die Skulpturen danach im Mettnaupark ausgestellt. Die Eröffnung findet am Freitag, 12. Mai 2017 um 16 Uhr statt. Bei einem Rundgang am 20. Mai um 15 Uhr werden die Kunstwerke für die folgenden zwei Jahre der Öffentlichkeit übergeben.

Unter dem Titel „Blechfieber 2017“ ehrt die Stadt beim 1. Seefestival Radolfzell die große Blasmusiktradition. Das Festival findet an Pfingsten vom 2. bis 5. Juni 2017 direkt am See beim Radolfzeller Konzertsegel statt. Bekannte Formationen wie LaBrassBanda vom Chiemsee und die SWR Big Band, die sich den Jazzsänger Max Mutzke an die Seite geholt hat, ebenso wie Stadtkapelle, Jugendblasorchester und Froschenkapelle spielen auf.

Eine prächtige Bootsparade wiederum ist für den 14. bis 17. Juli angesagt. Sie findet alljährlich zu Ehren der Heiligen Theopont, Senius und Zeno statt. Höhepunkt ist dabei die berühmte Mooser Wasserprozession. In den frühen Morgenstunden des sogenannten Hausherrenmontags (17. Juli) setzen die Pilger von Moos ins benachbarte Radolfzell über. Ihre Ruderboote sind mit blumenverzierten Rundbögen geschmückt. Am Radolfzeller Schiffsanleger werden sie morgens von hunderten Menschen in Empfang genommen. Anschließend ziehen alle gemeinsam in feierlicher Prozession zur Messe im Münster.

Das Radolfzeller Münster Unserer Lieben Frau datiert aus dem 15. Jahrhundert und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Es ist eine dreischiffige, achtjochige Pfeilerbasilika aus der Spätgotik. Mit 82 Metern Höhe ist der Münsterturm höchster Kirchturm am Bodensee. Man könnte somit auch sagen, Radolfzell überragt alle anderen Städte am „Schwäbischen Meer“.

Anfahrt, Tipps, kontakt und wissenswertes

Radolfzell liegt am westlichen Ende des Bodensees, am sogenannten Untersee, gegenüber der Halbinsel Höri. Per Schiff schnell erreichbar sind Überlingen, Konstanz, Stein am Rhein sowie die Inseln Mainau und Reichenau.

Von Esslingen/Stuttgart bis Radolfzell circa 170 Kilometer, über A8 und A81 sowie B 33.

Weitere Sehenswürdigkeiten in Radolfzell: Das Stadtmuseum in der alten Stadtapotheke mit Offizin aus der Biedermeierzeit, die um weitere Apothekenräume wie dem Labor und der Kräuterkammer ergänzt wird. Dort und in der Villa Bosch läuft auch bis 29. Oktober 2017 die Sonderausstellung „Ein Jahrhundert Schiesser“, über die gleichnamige Radolfzeller Wäschefirma. - Aktuelle Mode wiederum wird im großen Outlet-Center SeeMax angeboten. www.seemax.de

Unter dem Titel „Tour de Radolfzell“ wird am Sonntag, 2. Juli, erstmals die Altstadt von Radolfzell mit den sechs Ortsteilen in einem 23 Kilometer langen Fahrradrundweg verbunden. Die Ortsteile präsentieren sich dabei als Gastgeber mit ihren Spezialitäten und Highlights.

Oberhalb des Radolfzeller Teilorts Liggeringen können Wanderer in den neuen, sogenannten Premiumwanderweg SeeGang einsteigen, der von Konstanz kommend auf dem Bodanrück bis Überlingen führt. Internet: www.premiumwanderweg-seegang.com

Tourismusbüro, 78315 Radolfzell, Bahnhofplatz 2, Tel. 07732/81-500 oder www.radolfzell-tourismus.de