Max Tengler mit seinem Meisterstück. Die Tuba hat er 2010 komplett von Hand angefertigt. Foto: Steegmüller - Steegmüller

Max Tengler spielt von Kindesbeinen an Trompete. Schon früh war dem Meister für Metallblasinstrumte klar, dass er sich auch beruflich um Posaune, Tuba und Co. kümmern will. Am Mittwoch, 3. Oktober, empfängt der 33-Jährige 70 Kinder, die beim Türöffner-Tag der „Sendung mit der Maus“ mitmachen.

Obertürkheim

Mit ganz viel Gefühl klopft Max Tengler das Schallstück einer alten Trompete mit einem kleinen Hammer ab. Gleichzeitig dreht er es Millimeter für Millimeter auf einem Rundbogen aus Metall, der als Gegenstück dient. Noch ist das Instrument verbeult, hat Dellen und sogar einen kleinen Riss am Rand. Ein Beulendoktor, der sich auf Macken an Autos spezialisiert hat, würde beim Blick auf solche Beschädigungen wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Für den Meister für Metallblasinstrumente stellen sie jedoch kein Problem dar. Spachtelmasse, die auf einem Kotflügel kleinste Unebenheiten verschwinden lässt, ist für ihn jedoch keine Option. Stattdessen hat der 33-Jährige Schubladen voll mit Spezialwerkzeugen. Unter anderem Magnete und Kugeln in allen erdenklichen Größen, mit denen er auch die verwinkeltsten Stellen erreicht, um das Blechkleid zu glätten und es wieder in Form zubringen. Erwärmt wird das Material dazu nicht, lediglich zum Schließen von Rissen wird flüssiges Zinn verwendet.

Prägendes Praktikum

Max Tengler spielt Trompete, seit er fünf Jahre alt ist. Bereits als Jugendlicher sammelte er in einer Werkstatt für Blasinstrumente erste Erfahrungen. „Ein Praktikum, das mich geprägt hat. Seither hat mich die Faszination für das Handwerk nicht mehr losgelassen. Mich begeistert, dass sich die Klangideale zwar verändert haben, die Hauptkomponenten aber immer noch nach historischem Vorbild gefertigt werden.“ Es folgte 2004 in Mainz eine dreijährige Ausbildung zum Metallblasinstrumentenmacher. 2010 hielt er dann den Meisterbrief in den Händen. Wenig später eröffnete er in Waiblingen seinen eigenen Laden, vor einem Jahr zog es ihn in dann die Uhlbacher Straße in Obertürkheim.

Profis wollen nichts von der Stange

Mit Erfolg: Musiker aus ganz Deutschland setzen auf das Know-how des Ein-Mann-Betriebs. Eine wirkliche Konkurrenzsituation gebe es in der Nische nicht. „Die Zahl der Kollegen ist überschaubar. Wir kennen uns und tauschen uns untereinander aus.“ Auch vor den großen Herstellern aus Asien fürchte er sich nicht. „Die Profis suchen sich nichts von der Stange raus, wollen speziell für sie modifizierte Instrumente.“ Unter anderem werde die Mensur, sprich der Rohrverlauf angepasst. „Um den Klang zu verändern, kann man auch Flächen aufrauen oder glätten. Die Schwierigkeit ist, die Wünsche der Kunden herauszuhören.“ Tengler arbeitet unter anderem mit den Stuttgarter Staatstheatern zusammen, auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zählt zum festen Kundenstamm.

Problematischer Zug

Ab und an muss es dabei auch mal schnell gehen. „Neulich hat mich an einem Samstag ein Musikproduzent aus Ludwigsburg angerufen, der dringend meine Hilfe benötigte.“ Einem Schweizer Künstler war in seinem Studio die Posaune runtergefallen. Dabei hatte sich der Zug so verbogen, dass sie nicht mehr spielbar war. Genau da lag jedoch das Problem: „Sie wurde bereits am nächsten Morgen für Jazz-Aufnahmen dringend benötigt.“ Tengler, der vor Ort nichts ausrichten konnte, nahm das Instrument mit in seine Werkstatt und legte eine Nachtschicht ein. „Zum Glück habe ich mir eine spezielle Maschine angeschafft, die das Ausrichten übernimmt.“ Früher habe er Arbeiten an der Posaune gehasst. „Der Zug muss absolut gerade stehen, von Hand ist das aber wirklich schwierig.“

Zu den Kunden von Tengler zählen nicht nur Profimusiker. Sternekoch Vincent Klink beispielsweise vertraut mit seiner Bass-Trompete auf die Dienste des 33-Jährigen, aber auch Vereine oder Orchester wenden sich regelmäßig an ihn. Hier sei Inklusion ein immer wichtigeres Thema: Unter anderem baut er Instrumente für Menschen mit Behinderungen um. „Kinder mit verkürzten Fingern erhalten beispielsweise eine andere Haltevorrichtung.“

50 Instrumente im Verleih

Darüber hinaus verleiht er rund 50 Schlag- und Blasinstrumente regelmäßig – gerade für Schulen ein willkommenes Angebot. „Es ist gesellschaftlich wichtig, dass Kinder eine musikalische Grundbildung erhalten.“ Dass das Interesse vorhanden ist, sieht der gebürtige Stuttgarter Jahr für Jahr beim „Türöffner-Tag“ der „Sendung mit der Maus“, der immer am „Tag der Deutschen Einheit“ bundesweit stattfindet. Mehrere hundert Einrichtungen, Unternehmen, Forschungslabore und Vereine nehmen seit 2011 daran teil. Tengler ist in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal vertreten, führt 70 Kinder durch seinen Betrieb in Obertürkheim.

„Die Plätze sind bereits alle vergeben. Ich habe mehr als 100 Anfragen erhalten, aber mehr ist einfach nicht machbar.“ Die Teilnehmer dürfen am 3. Oktober in vier Gruppen – natürlich unter Aufsicht – den Betrieb in Obertürkheim kennenlernen. In der Werkstatt erfahren sie, wie Blasinstrumente entstehen und wie diese repariert werden. „Natürlich dürfen sie dabei selbst Hand anlegen. Fräsen, bohren und Rohre verbiegen. „Nur zuschauen, ist für sie zu langweilig.“ Auch im Verkaufsraum wird den Kindern nicht nur trocken die Funktion der verschiedenen Blasinstrumente erklärt. „Sie werden selbst versuchen, darauf zu spielen.“ Unter anderem auf der Tuba, Tenglers Lieblingsinstrument. Wenig verwunderlich, dass sie auch sein Meisterstück darstellt, das er komplett in Handarbeit aus dem Blech gefertigt hat.

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