Von Mareike Spahlinger

Bad Cannstatt - Schreie, Kettenrasseln und knallende Türen überschatten ein Streichorchester, Skelette und verzogene Fratzen springen aus den Ecken - das alles gehört im Moment zum Freizeitprogramm von Raphael Käfer. Der 34-Jährige arbeitet nach Feierabend als Scare Actor in der Geisterbahn Haunted Mansion auf dem Frühlingsfest.

In den dunklen, nicht einsehbaren Ecken der Geisterbahn lauert er zwischen Untoten und unheimlichen Gestalten auf seine nächsten „Opfer“. Alles was er von ihnen will, sind ihre Angstschreie. Die Kettensäge ist sein Einsatzzeichen. „Wenn sich die Besucher erschrecken, ist das mein Applaus“, sagt er. Seit drei Jahren ist er auf dem Frühlingsfest als Scare Actor dabei. Angefangen hat alles 2008 mit den Horror Nights im Europapark. Fasziniert von der Show besuchte er sie im folgenden Jahr gleich mehrmals. Seit 2010 gehört er selbst zu Besetzung, ist am Wochenende von Mitte September bis Mitte November Chefzombie. Von Montag bis Freitag geht er seiner Beschäftigung als IT-Administrator in einem Industrieunternehmen nach. Auf dem Frühlingsfest ist er an den besucherstarken Tagen nach Feierabend zu sehen. Unentgeltlich jagt er hier den Menschen einen gehörigen Schrecken ein.

„Wenn weniger los ist, hänge ich mich auch mal an eine Gondel ran und verfolge die Besucher durch die ganze Bahn“, erzählt der Scare Actor. So sitzen die Besucher nichts ahnend auf ihren Plätzen, als plötzlich ein toter Butler neben ihnen auftaucht und sie unheimlich mit starrem Blick fixiert, während ein Skelett mit Sense aus der Ecke springt und die Streichmusik die Horrorszene untermalt. „Manchmal spiele ich den Aggressiven und schreie, manchmal reicht ein starrer Blick“, so der 34-Jährige aus Korb. Die verschlungenen Wege der Bahn kennt er auswendig. Muss er auch. Immerhin ist sein Arbeitsplatz stockfinster und birgt viel Verletzungspotenzial.

Heute ist Familientag, da fällt die Verkleidung ein bisschen weniger furchtbar aus. „Ich will nicht, dass die Kinder Albträume bekommen“, betont er. Die Fahrt von zwei Mädchen ist gerade vorbei. Schreiende Gesichter sind zu sehen, als ihre Gondel durch die Ausgangstür fährt. Dort steht Käfer bereit. Selbst im Tageslicht ist sein Auftreten in der Verkleidung des Zombiebutlers furchteinflößend. Eines der Mädchen beteuert, dass sie keine Angst vor ihm habe. Kann die Augen aber auch nicht abwenden. Bis sie schließlich davon rennend die Haunted Mansion verlässt. Draußen vor der Geisterbahn stehen andere Besucher, die vor Schadenfreude lachen, wenn jemand die Bahn mit lauten Schreien verlässt.

„Es ist für mich ein Hobby wie jedes andere auch“, findet Käfer. Auch körperlich sei es anstrengend in der Bahn herumzuklettern. Außerdem sei es ein super Ausgleich zum beruflichen Alltag. „Um das zu machen, muss man aber auch ein bisschen verrückt sein.“ Scheu vor Mitmenschen sei da fehl am Platz. Wie weit er mit seiner angsteinflößenden Performance gehen kann, ist immer Abwägungssache. „Ich beobachte die Besucher, wenn auch nur wenige Sekunden und entscheide dann, wie ich spiele.“ Eins ist dabei aber immer wichtig: Anfassen ist verboten - für beide Seiten.

Die Fahrt mit der Geisterbahn sei eine Art Traumwelt. Die Szenen aus einem Horrorfilm, die Leute sollen sich erschrecken, im gleichen Moment aber merken, dass das nicht echt sei. „Ich will niemanden traumatisieren, nur unterhalten - für einen Adrenalinschub sorgen, das ist die Kunst dabei.“

Wer ist eigentlich leichter zu erschrecken, Männer oder Frauen? „Ganz klar Frauen. Deshalb macht es mehr Spaß und ist eine größere Herausforderung, Männer zu erschrecken.“ Die hätten ein größeres Ego und würden nicht zugeben, dass sie erschrocken sind, so Raphael Käfer, der sich gerne von den Bewegungen der Darsteller der Serie „The Walking Dead“ inspirieren lässt. Sein Hobby als Scare Actor macht dem IT-Administrator unter anderem so viel Spaß, „weil man da noch einmal jung sein und das Kind im Manne rauslassen kann.“