Schwerstarbeit für Florian Roller (2. von links) von der Stuttgarter Rudergesellschaft aus Untertürkheim und seine Teamgefährten. Die Anstrengungen haben sich gelohnt, der Deutschland-Vierer sicherte sich vor kurzem in der Nähe von Rotterdam den Weltmeistertitel. Foto: Oliver Quickert Quelle: Unbekannt

Von Torsten Streib

Untertürkheim - Während im August die Ruderwettkämpfe bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro liefen, befand sich Florian Roller von der Stuttgarter Rudergesellschaft aus Untertürkheim meistens mit seinen drei anderen Kollegen des Leichtgewichts-Doppelvierers auf dem Wasser. Die Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft in Rotterdam, bei der Roller mit Deutschland dann den Titel gewann (wir berichteten), waren in vollem Gange. Er hatte so gut wie keine Zeit, wehmütig nach Brasilien zu schauen, wo er auch gerne gestartet wäre. „Bei den wenigen Rennen, die ich vor dem Fernseher verfolgt habe, kamen gemischte Gefühle in mir hoch. Einerseits hätte sich mit der Olympia-Teilnahme für mich ein Traum erfüllt, andererseits waren die Bedingungen mit dem dreckigen Wasser alles andere als angenehm“, weiß Roller.

Nachdem der 23-Jährige bereits im Vorjahr den WM-Titel mit dem nicht olympischen Leichtgewichts-Achter gewonnen hatte, durfte er sich Hoffnung auf einen Platz im Leichtgewichts-Vierer ohne Steuermann machen. Diese Disziplin ist im Vergleich zum Leichtgewichts-Doppelvierer olympisch, gerudert wird mit beiden Händen an einem Riemen. Doch bereits vor der „Casting-Show“ für die vier Plätze bei bis zu 20 Kandidaten stieg der Untertürkheimer Ruderer freiwillig aus. Grund: eine Umstrukturierung in der Disziplin-Gruppe. Alle Bootsanwärter hätten auf eigene Kosten nach Hamburg ziehen müssen. „Das Risiko, dass ich zweimal verliere, war mir neben den Kosten zu hoch.“ Soll heißen: „Ich hätte mein Studium aufgeben müssen und vielleicht auch den Platz im Boot verpasst. Das war es mir nicht wert.“

Qualifizieren musste sich Roller auch für den Leichtgewichts-Doppelvierer. Letztlich standen noch vier Athleten für zwei Plätze zur Auswahl. Die Entscheidung fiel beim Einzelrennen auf der Regatta in Ratzeburg. Roller distanzierte das Feld und war bei der WM dabei.

Während des Trainingslagers weilte Trainer Marcus Schwarzrock in Rio und gab Roller und seinen Teamkollegen „wir sehen uns in Rotterdam hoffentlich im Finale wieder“ mit auf den Weg. Die Erwartungen beim Vierer waren höher - sie peilten eine Medaille an. Roller ging noch einen Schritt weiter: Nach dem WM-Titel im Vorjahr „wollte ich mich nicht verschlechtern“, schmunzelt der 23-Jährige. Im ersten Lauf wurde man jedoch nur Dritter, unterlag unter anderem dem Titelverteidiger Frankreich. Mit einem souveränen Sieg im Hoffnungslauf war die Finalteilnahme perfekt. Die Experten erwarteten ein enges Rennen, bei dem alle sechs Boote „im Abstand von einer halben Sekunde die Ziellinie überqueren würden“. Die Experten hatten die Rechnung aber ohne den Deutschland-Vierer gemacht. Dieser legte los wie die Feuerwehr, lag nach 1000 Metern drei Sekunden, nach 1500 3,5 Sekunden vorne und überquerte die Ziellinie nach 2000 Metern mit einer Bootlänge beziehungsweise 2,7 Sekunden Vorsprung. „Es lief perfekt.“

Der Doppel-Weltmeister hat seinen Traum noch nicht aufgegeben, will nun Kurs Richtung Olympische Spiele 2020 in Tokio nehmen. Die Vorbereitungen dafür würden demnächst starten. Mögliche Disziplinen für Roller: „Der Leichtgewichts-Vierer ohne oder der Leichtgewichts-Doppelzweier“.

Wer weiß, vielleicht klappt es diesmal und Roller sieht die Spiele nicht mehr vor dem Fernseher, sondern ist mittendrin.