Julia Nufer und Patrick Kuzenko haben den richtigen Tritt raus. Die beiden Taekwondo-Sportler aus Hedelfingen haben sich für die Europameisterschaften qualifiziert. Foto: Streib Quelle: Unbekannt

Von Torsten Streib

Hedelfingen - In der Taekwondo-Sportschule Baygün e. V. in Hedelfingen ist es nicht gerade leise. Die Kinder und Jugendlichen bereiten sich auf das Training vor, unterhalten sich angeregt. Dies ändert sich schlagartig beim Betreten des Übungssaals. Jeder verneigt sich, Ruhe und Konzentration beherrschen nun das Szenario. Nur Trainer Ramazan Baygün spricht, gibt Anweisungen fürs Aufwärmen. Unter den Trainierenden befinden sich auch die 14-jährige Julia Nufer und der 13-jährige Patrick Kuzenko. Trotz ihrer jungen Jahre haben sie im Taekwondo schon enorme Erfolg aufzuweisen, sind beide deutscher Meister und nehmen am 7. und 8. Mai im griechischen Rhodos an den 13. Europameisterschaften im Poomsae teil. Bei Poomsae handelt es sich um einen Formenlauf beziehungsweise um Bewegungsfolgen.

„Gekämpft wird gegen einen imaginären Gegner“, sagt Patrick. „Es kommt auf die Ausführung von Fuß- und Handtechniken an, die richtig, sauber, kraftvoll und dynamisch ausgeführt werden sollen“, weiß Julia. Eleganz, Ästhetik und ein guter Rhythmus seien ebenfalls gefragt, ergänzt Baygün. Letztere Fähigkeiten gepaart mit Synchronisation sind auch beim Paar- und Dreier-Formen-Lauf wichtig. Patrick startet nämlich bei der EM neben dem Einzel- noch im Paar-, Julia ausschließlich im Dreier-Lauf. Insgesamt gibt es beim Poomsae 16 verschiedene Formenläufe. Die beiden Hedelfinger müssen aufgrund ihres Alters elf davon im Repertoire haben. Denn im Wettkampf wird ausgelost, welche Formen man den Wertungsrichtern präsentieren muss.

Nervös vor einer so großen Meisterschaft seien sie schon, geben beide unumwunden zu, aber auch „motiviert, eine Medaille zu gewinnen“, sagen beide selbstbewusst. Apropos selbstbewusst. Seit sieben Jahren macht Julia Taekwondo und es mache ihr riesigen Spaß. Höchste Priorität sei aber, dass sie nun die Fähigkeit besitze, sich selbst zu schützen und dadurch auch selbstbewusster geworden sei. „Klar lernt man als Kampfsportler, kritischen Situationen aus dem Weg zu gehen. Doch immer lässt sich das nicht vermeiden. Wobei ich bislang ausschließlich schlichtend eingegriffen habe“, so Julia. So sieht es auch Patrick. Er wisse zwar, was er kann, doch „vorrangig muss man versuchen, Konflikte im Keim zu ersticken. Wobei ich noch nie in eine brenzlige Situation geraten bin.“ Anders sieht das bei Trainer Baygün aus. „Ich war als Kind und Jugendlicher schmächtig. Ich wurde als leichtes Opfer angesehen, konnte die Situationen aber immer entschärfen und wurde dann in Ruhe gelassen.“

Bei Poomsae kämpft man also gegen einen imaginären Gegner. Die Fähigkeit, sich mit Hilfe von Taekwondo gegen einen reellen Gegner durchzusetzen, lernt man bei Partnerübungen im Training, denn unter anderem wird dies auch „bei den Gürtelprüfungen abverlangt“, weiß Baygün, in dessen Schule derzeit 80 Kinder und Jugendliche trainieren. Und wer weiß, vielleicht trainieren diese demnächst zusammen mit Medaillengewinnern von Europameisterschaften.