VfB-Kapitän Christian Gentner. Foto: dpa - dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Wenn die Fußballer des VfB Stuttgart am Sonntag (15.30 Uhr) bei Hannover 96 antreten, dann ist es genau ein Jahr her, dass sie 95 Kilometer entfernt in Wolfsburg aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen sind. Am Sontnag möchten sie mit einem Sieg beim schärfsten Rivalen und Mitabsteiger den Wiederaufstieg schaffen – spätestens aber eine Woche später im eigenen Stadion wollen sie dafür sorgen, dass die Begegnung mit den Würzburger Kickers auf lange Zeit das letzte Zweitligaspiel des VfB gewesen sein wird. Viele, die am Sonntag für die Stuttgarter auf dem Platz um den entscheidenden Sieg kämpfen, sind erst nach der Abstiegspleite gekommen. Einer, der vor einem Jahr dabei war, steht auf der anderen Seite und will mit seiner Mannschaft auch zurück ins Oberhaus: Martin Harnik. Einige (wenige) aber sind im vergangenen Frühsommer geblieben, um mitzuhelfen, die Scharte auszuwetzen. Sie haben einen großen Anteil daran – sollte es gelingen.

Timo Baumgartl: Was immer mal wieder erwähnt werden muss: Der Innenverteidiger ist erst 21 Jahre alt. Trotzdem ist er der unangefochtene Abwehrchef des VfB – auch wenn er das selbst in seiner bescheidenen Art nicht gerne hört. Es ist in der laufenden Saison nicht die Frage, ob Baumgartl spielt, sondern, wer neben ihm spielt. Wenn er fehlt, dann nur wegen Verletzung oder Sperre. Ansonsten verrichtet er hinten abgeklärt seinen Dienst – mit der Sicherheit und Ausstrahlung eines langjährigen Erstligaspielers. Das wird er bestimmt noch werden, und er hätte im vergangenen Sommer auch in der Bundesliga bleiben können. Doch statt dem gleichaltrigen Timo Werner nach Leipzig zu folgen oder dem Werben eines anderen Clubs zu erliegen, verschrieb er seine Kraft und sein Talent dem Wiederaufstieg mit dem VfB.

Christian Gentner: Schon bevor der Abstieg feststand, hatte der Kapitän seinen Vertrag beim VfB um zwei weitere Jahre verlängert, ligaunabhängig. Der Mittelfeldspieler ist kein Lautsprecher, aber auf jeden Fall das, was man eine Führungspersönlichkeit nennt. Wie andere brauchte er eine kurze Eingewöhnungsphase in der neuen Umgebung der 2. Bundesliga, aber seither ist er ein Garant der Stabilität, auch in Phasen, in denen die Mannschaft nicht so gut spielt. Der 31-Jährige agiert unauffälliger als in den vergangenen Jahren und überlässt das Wirbeln den jüngeren Kollegen, vor allem auf den Flügeln. Oder, wie er selbst kürzlich im Interview mit dieser Zeitung sagte, er unterstützt die Jungen, „dass sie vorne risikoreich spielen können, während mein Part dann mehr auf Absicherung oder Nachsetzen ausgelegt ist. Ich muss nicht im Mittelpunkt stehen.“ Gentner hält die Fäden in der Hand. Er führt.

Daniel Ginczek: Der Stürmer verlängerte gleichzeitig mit Gentner seinen Vertrag, sogar bis 2020. Er weiß, was er dem VfB zu verdanken hat: Während der langen Verletzungspausen hielt der Verein zu ihm. Wie wichtig der 26-Jährige ist, merkten die Schwaben vor einem Jahr schmerzlich: In der Saison zuvor hatten seine Tore maßgeblich den Abstieg verhindert, in der Schlussphase der Spielzeit 2015/2016 fehlte Ginczek – und es fehlten seine Treffer zur erneuten Rettung. In der laufenden Runde haben die Stuttgarter Simon Terodde als Torjäger, weshalb Ginczek auch nach seiner Genesung meist nur zu Kurzeinsätzen kommt. Aber in den vergangenen Wochen hat er wieder drei Tore erzielt und damit einen Fingerzeig gegeben, wie wichtig er auch in der kommenden Saison sein kann.

Emiliano Insua: Der Argentinier galt im vergangenen Sommer als einer der heißesten Wechselkandidaten – und blieb. An ihm auf der linken Abwehrseite führt kein Weg vorbei. Einmal wurde er eine Viertelstunde vor Schluss ausgewechselt, sonst spielt er immer durch, löst in der Defensive seine Aufgaben und bereitet mit seinen Flanken regelmäßig Tore vor allem von Terodde vor. Solide und engagiert ist sein Spiel. Zu seinen Überlegungen im vergangenen Sommer sagte der Mann, der seit zehn Jahren auf Fußball-Wanderschaft und seit zwei Jahren in Stuttgart ist: „Wenn ich damals gewechselt wäre, hätte ich zu denen gehört, die nach dem Abstieg gegangen sind. Das wollte ich nicht.“

Florian Klein: Der Österreicher ist vor allem Linksverteidiger, kommt aber auch als defensiver Mittelfeld- und offensiver Außenspieler zum Einsatz. Auch bei ihm rechneten im vergangenen Sommer viele mit einem Abgang. Er blieb und stand anschließend viel seltener auf dem Platz, als er sich das gewünscht hatte. Trainer Hannes Wolf ist trotzdem voll des Lobes für den 30-Jährigen. Und bringt in just in dem Moment wieder, in dem klar ist, dass der im Sommer auslaufende Vertrag nicht verlängert wird. „Er hat es verdient. Auch wenn eine sportliche Entscheidung für die nächste Saison gefallen ist“, sagt Wolf. Klein bringt der Mannschaft Stabilität und mehr Torgefahr, als man es seinem Spiel auf den ersten Blick ansieht. Im Falle des Wiederaufstieges wird er sich mit einem besseren Gefühl (möglicherweise nach Haifa) verabschieden, als er das vor einem Jahr getan hätte.

Mitchell Langerak: Der frühere Dortmunder verlor in der Vorsaison den Kampf zwischen den Pfosten gegen Przemyslaw Tyton, weil er lange verletzt war. In der laufenden Spielzeit aber ist der Australier ein sicherer Rückhalt. Patzer kommen vor, sind aber selten. Viel öfter glänzt er mit guten Paraden, einer guten Spieleröffnung und viel Ausstrahlung. Der 28-Jährige, so hat man das Gefühl, hat seinen Platz gefunden.

Alexandru Maxim: Der Mittelfeldzauberer ist die wohl schillerndste Figur im Kader. Schon seit vier Jahren ist er in Stuttgart – und seither scheint er immer zwischen Abwanderungsgedanken und Liebe zum VfB zu schwanken. Die Trainer beißen sich an dem Edeltechniker mit den Defensivschwächen die Zähne aus – und umgekehrt. Nach dem Weggang von Daniel Didavi schien der 26-jährige Rumäne gesetzt, war es dann aber nicht. Zurzeit verbringt er wieder viel Zeit auf dem Spielfeld, auch weil er Wolf im Training ausreichend viel angeboten und vor allem, weil er auf dem Platz wichtige Impulse gesetzt hat. Kehrt der VfB in die Bundesliga zurück, ist auch Maxim einer der Aufstiegshelden, die die Scharte mit ausgewetzt haben.