Dynamo Dresden - VfB Stuttgart, 9. Spieltag, am 15.10.2016 im DDV-Stadion in Dresden (Sachsen). Stuttgarts Trainer Hannes Wolf (links) und die Stuttgarter nach dem Abpfiff Foto: dpa

Von Florian Huber

Dresden – Dem Sieger gebührte ein Ständchen. Dynamo Dresdens Andreas Lambertz wurde am Samstag 32 Jahre alt, die lokalen Journalisten schmetterten im Stadionbauch voller Inbrunst ein „Happy Birthday“. In den 90 Minuten zuvor bekam der Fußball-Zweitligist VfB Stuttgart ordentlich was auf die Ohren. 0:5 in Dresden.

Trainer Hannes Wolf hatte noch bei der Mitgliederversammlung verkündet, dass die Dresdner Heavy Metal spielen. Laut. Hitzig. Wolfs Spieler aber sind eher aufgetreten wie Chorknaben. Innerhalb von 360 Sekunden, zwischen der 38. und 44. Minute, kassierte der VfB drei Gegentreffer. Dresden schmiss für sechs Minuten den Dynamo an, und der VfB verteidigte wie zu seinen schlechtesten Erstligazeiten. „So etwas darf uns nicht wieder passieren“, sagte Wolf. „Dafür wird es Kritik geben und zwar zu Recht“, sagte Sportdirektor Jan Schindelmeiser: „Das wird keine schöne Heimfahrt.“

An Ansatzpunkten für Kritik fehlte es nach der dritten Stuttgarter Saisonniederlage nicht.

Mangelnde Cleverness: Vor dem 0:1 in der 38. Minute lag VfB-Abwehrspieler Florian Klein nach einem Zweikampf am Boden. Die Mannen in den weißen Trikots spekulierten vergeblich darauf, dass die Dresdner den Ball ins Aus spielen. „Man sollte sich nur um die Dinge kümmern, die man beeinflussen kann“, sagte Wolf. „Wie oft hat man diese Situation schon gesehen? Wir waren Zuschauer, Begleiter“, mäkelte Schindelmeiser. So flankte Marvin Stefaniak und Stefan Kutschke köpfte gänzlich unbedrängt zum 1:0 für Dynamo ein.

 

Haarsträubende Abwehrfehler: Keine vier Minuten später brachte VfB-Torwart Mitch Langerak mit einem riskanten Pass Matthias Zimmermann in Verlegenheit. Dresdens Lambertz attackierte, die überforderten VfB-Innenverteidiger konnten auch nicht mehr retten – 2:0 für Dresden (42.). „Das geht gar nicht“, grantelte Schindelmeiser: „Wir haben uns die Tore ja selbst eingeschenkt.“ Zwei Minuten später verlor Hajime Hosogai ein Kopfballduell gegen Kutschke. Akaki Gogia überwand Langerak – 3:0 (44.). „So wie wir nach dem ersten Gegentor aufgetreten sind, ist nicht zu entschuldigen“, sagte Kapitän Christian Gentner, der als erfahrenster Stuttgarter auch nicht für Ordnung im Hühnerhaufen sorgte.

 

Fehlendes Zweikampfverhalten: „Wir müssen uns auch körperlich durchsetzen“, sagte Jan Schindelmeiser: „Uns hat es an Zweikampfhärte gefehlt.“ Beim Dresdner 4:0 durch Gogia (74.) und dem 5:0 durch Pascal Testroet (77.) standen die VfB-Akteure nur Spalier. Vor dem fünften Gegentreffer hatte Kevin Großkreutz darüber hinaus den Ball vertändelt.

 

Selbstüberschätzung: Wolf blickte bei der Pressekonferenz auf das VfB-Logo, das da auf seiner Jacke prangt. „Nur weil da VfB Stuttgart draufsteht, können wir nicht irgendwo hinfahren und ein bisschen lockerer machen. Sonst wird es fies“, sagte der Trainer nach seiner ersten Niederlage mit den Schwaben: „So war das für mich nicht absehbar.“ Zudem wurde der zuletzt formschwache Gegner offensichtlich auf die leichte Schulter genommen. „Es ist naheliegend, dass man das jetzt glaubt“, sagte Schindelmeiser.

 

Die Folgen: Die Euphorie des Trainerwechsels, des 4:0 gegen Fürth und der Präsidentenkür, sie ist erstmal weg. Er habe den positiven Schwung gar nicht so wahrgenommen, sagte Wolf, der Trainer. „Rückschläge gehören dazu, aber das war zu viel. Wenn es einen Bonus gab, dann haben wir den verspielt“, erkannte Wolf. Das war schon nach Spielschluss zu sehen. Die 3000 Stuttgarter unter den 29 906 in der Dresdner DDV-Arena reagierten mit Pfiffen und Beschimpfungen. Die VfB-Akteure hielten lieber Abstand zum Gästeblock.