Beim 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern erzielte Simon Terodde sein bislang letztes Tor für den VfB Stuttgart. Heute läuft er mit der Mannschaft gegen Dynamo Dresden auf. Foto: Archivbild: dpa

Stuttgart – Kaum einer in Deutschland kennt die Tore der 2. Bundesliga besser als er. Und weil Simon Terodde ein ehrgeiziger Fußballprofi ist, will er unbedingt zurück in die Bundesliga, in der er für den 1. FC Köln bereits kurz spielte. Seine Treffer sind die Wiederaufstiegsgarantie für den VfB Stuttgart. 15 Saisontore sind es schon, es waren für den VfL Bochum auch schon einmal 25. Zuletzt allerdings hat er drei Mal nicht getroffen. „Unser Ziel ist der Aufstieg, das haben wir immer gesagt, und ich möchte mit meiner Leistung dazu beitragen“, sagt der 25-Jährige aus Bocholt im westlichen Münsterland im Interview.

Ihre Nase macht wieder einen guten Eindruck, nachdem sie gebrochen war. Alles gerichtet, alles bestens?

Terodde: Danke der Nachfrage, das ist auskuriert. Ist ja auch schon fünf Wochen her. Ich habe ohne Maske trainiert und keine Angst, in die Zweikämpfe zu gehen.

Es hat Sie in Ihrer Karriere schon schlimmer erwischt, etwa in Ihrer Zeit bei Fortuna Düsseldorf.

Terodde: Korrekt. Da war ich zwar nur ein halbes Jahr, aber der Trainingsunfall hatte es in sich. Elf Tage im Krankenhaus, nachdem ich mit unserem Torwart zusammengedonnert bin. Drei Rippen gebrochen, ein eingefallener Lungenflügel.

Lange her. Wie geht es dem Westfalen in Stuttgart?

Terodde: Wir fühlen uns sehr wohl in Stuttgart, natürlich trägt einen der sportliche Erfolg. Das war das Hauptmotiv für Stuttgart. Wir haben ein nettes Zuhause gefunden in Fellbach. Alles gut.

Der VfB Stuttgart will aufsteigen. Vor Ihnen liegt eine entscheidende Phase der Saison.

Terodde: Nicht nur wir, alle Vereine befinden sich in einer entscheidenden Phase, gerade mit der vor uns liegenden Englischen Woche. Danach sind es nur noch sechs Spiele, das ist Fakt. Es ist nicht mehr lange bis zum Saisonende.

Beschäftigt Sie eigentlich die Frage, ob das Geschäft mit dem Fußball inzwischen völlig überhitzt ist? Leute, die es wissen müssen, fürchten, dass die Blase irgendwann platzt.

Terodde: Ich weiß nicht, ob meine Meinung dazu interessant ist.

Ist sie.

Terodde: Ich bin Profi. Ich bin Fan, ich schaue gerne Fußball, nach wie vor. Ich verstehe aber auch, dass es ein Problem darstellt, dass die Belastungen immer höher werden, dass Leute immer mehr Geld mit immer mehr Spielen verdienen wollen. Wenn man nach England schaut, ist schon die Frage, ob das Geschäft mit dem Fußball irgendwann überreizt ist. Es irgendwann nicht mehr Millionen fasziniert. Das ist schwierig, wirklich schwer zu beantworten.

Zurück ins Schwabenland. Dumm gelaufen die letzten Spiele für den Aufstiegsfavorit Nummer eins, oder?

Terodde: Nicht zufriedenstellend. Mit dem 1:1 in Braunschweig konnten wir gut leben, gegen den VfL Bochum waren wir nicht gut, obwohl wir gegen Ende auf das 2:1 gedrückt haben. Gegen Fürth haben wir im ersten Durchgang sehr schlecht agiert, in der zweiten Hälfte zwar eine Reaktion gezeigt, aber es hat nicht gereicht.

Ist Dresden für Sie ein besonderes Spiel?

Terodde: Nein. Meinen Sie wegen des Hinspiels oder wegen der Fans?

Höher als beim 0:5 haben Sie in dieser Saison noch nicht verloren.

Terodde: Das Spiel ist komplett abgehakt, wir denken nicht mehr an ein Spiel, das vor einem halben Jahr stattgefunden hat. Dynamo spielt als Aufsteiger eine sehr gute Saison, ich kenne Trainer Uwe Neuhaus sehr gut, er hat mich damals zu Union Berlin geholt. Ich weiß, wie die Mannschaft spielt, wie sie tickt, das machen sie als Aufsteiger sehr gut. Wir sind vorbereitet, wir haben keine Angst, wir sind selbstbewusst, ich bin von einem Sieg des VfB überzeugt

Gemeinsam mit Daniel Ginczek?

Terodde: Weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, dass es mit uns beiden funktioniert. Daniel ist ein Spieler mit einer enormen Qualität, aber wie wir gegen Dynamo taktisch spielen, entscheidet der Trainer.

Sie haben in Köln in der Bundesliga gespielt. Ist die Bundesliga ein Ziel?

Terodde: Für wen ist sie das nicht? Ich habe in der Bundesliga ja noch nicht soviel Erfahrung gesammelt (lacht). Für den VfB Stuttgart ist es elementar wichtig, in der Bundesliga zu spielen. Unser Ziel ist der Aufstieg, das haben wir immer gesagt, und ich möchte mit meiner Leistung dazu beitragen. Wir stehen vor drei eminent wichtigen Spielen gegen Dynamo, bei 1860 und gegen Karlsruhe. Nach der Englischen Woche wissen wir mehr, aber zunächst geht es einmal nur um Dresden.

In Köln nannte man Sie T-Rod, in Anlehnung an das Urtier, den Tyrannosaurus. Sind Sie das auch im Schwabenland?

Terodde: Das war eine Erfindung des Boulevards damals, lange her. Ich habe für den FC nicht so viele Bundesligaspiele gemacht, das mit dem T-Rod hat sich schnell erledigt.

Sind Sie zufrieden mit Ihrer Situation in Stuttgart?

Terodde: Was für eine Frage? Es ist bisher alles so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Nach anfänglichen Problemen, als die Mannschaft noch nicht funktionierte, haben wir uns entwickelt. Wir sind jetzt in einer Situation, die wir uns vorgestellt haben. Es geht jetzt nicht um langfristige Ziele, Fußball ist ein kurzfristiges Geschäft, wir wollen aufsteigen, das ist das Ziel.

Was hat Trainer Hannes Wolf mit Ihnen gemacht, mit der Mannschaft gemacht, was Jos Luhukay nicht gemacht hat?

Terodde: Hannes Wolf hat viel Tempo in unser Spiel gebracht, menschlich stimmt es. Jeder kann sich durch gute Trainingsleistungen empfehlen. Trotzdem bin ich Jos Luhukay sehr dankbar, er hat mich zum VfB geholt.

Wie sind angesichts der Entwicklung der Mannschaft Spiele wie in Fürth zu erklären? Warum dieser Bruch im Spiel?

Terodde: Wir haben keinen Bruch in unserem Spiel. Wir haben nicht gewonnen, aber wir haben gegen Braunschweig klasse verteidigt, wir hätten gegen Bochum das entscheidende Tor machen müssen. Der VfL und Trainer Gertjan Verbeek, den ich auch gut kenne, spielen offensiv gut, das Spiel bei uns kam dem VfL entgegen. Die erste Hälfte in Fürth war für unsere Verhältnisse aber unterirdisch. Die Aufgaben werden nicht leichter, aber ich habe meine Zuversicht nicht verloren. Wir schaffen das.

Es sind jetzt 15 Tore bei Ihnen. Wenn Sie treffen, gewinnt der VfB.

Terodde: Im letzten Jahr habe ich 25 Tore geschossen, aber eine Aufstiegschance hatten wir mit dem VfL nicht. 25 Tore waren für mich persönlich natürlich schön. In dieser Saison ist das komplett zweitrangig. Wir haben eine Aufgabe, das ist der Aufstieg. Wie viele Tore es bei mir am Ende werden, ist sekundär. Das ist mir egal.

Fühlen Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrung als Vorbild?

Terodde: Ein großes Wort. Es geht um viele Sachen, Vorbereitung, Nachbereitung des Trainings, Spiele, man muss intensiv arbeiten, professionell sein. Man versucht, Spieler mitzunehmen. Meine Erfahrung, auch die von Christian Gentner, Mitch Langerak, Timo Baumgartl, Daniel Ginczek, Emiliano Insua hat schon in der Champions League gespielt, das alles spielt eine Rolle. Wir müssen da sein, immer, das ist mir schon bewusst.

Wo steht der VfB am Saisonende?

Terodde: Die Frage aller Fragen. Ich gehe davon aus, dass wir am Ende mit den Fans feiern können, aber vier oder fünf Mannschaften haben dieses Ziel, jetzt auch Union Berlin. Vier oder fünf Mannschaften wollen aufsteigen. Wir haben innerhalb von sieben Tagen jetzt zweimal 60 000 im Stadion, das ist phänomenal, das ist ein sagenhafter Anreiz für uns.

Aber Spitzenreiter ist Union, nicht der VfB?

Terodde: Das Spiel bei Union Berlin war eines unserer besten Auswärtsspiele, das ist eine Mannschaft, die über Jahre gewachsen ist und mit Jens Keller über einen ambitionierten Trainer verfügt. Ich habe immer noch viele Kontakte nach Berlin, der Club investiert. Da will man nicht mehr Platz fünf oder sechs, die wollen in die Bundesliga. Union ist für mich keine Überraschung. Absolut nicht.


Das Interview führte Christoph Fischer.