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Von Sigor Paesler

Stuttgart – Sähe das Tableau der Fußball-Bundesliga und der 2. Bundesliga am 21. Mai 2017 so aus wie heute, hätte Zweitligist VfB Stuttgart noch zwei Saisonspiele vor sich: die Relegationspartien um den Aufstieg gegen den FC Ingolstadt. Die Aussicht darauf kann den VfB-Fan schrecken. Oder sie kann ihm Hoffnung geben. Je nachdem, wie tief die Spuren sind, die die jüngsten beiden Niederlagen im Gemüt hinterlassen haben. Jan Schindelmeiser, der Sportvorstand der Stuttgarter, ist ein Mensch, der sich ungern mit Was-Wäre-Wenn-Fragen beschäftigt. Schindelmeiser ist einer, der die nüchterne Analyse den von Emotionen getragenen Parolen vorzieht. Aber auch der 53-Jährige ist vom desolaten Auftritt des VfB-Teams beim 0:3 zum Jahresabschluss bei Aufsteiger Kickers Würzburg aufgeschreckt. Er sieht sich in seiner schon vorher gereiften Erkenntnis bestätigt, in der Winterpause personelle Veränderungen vorzunehmen.

Der Manager bewegt sich in seinen Aussagen zwischen Warnen und nicht Schlechtreden. Ergänzt mit einer Prise Galgenhumor. „Nach diesem grandiosen Spiel ist die Stimmung schon ein bisschen eingetrübt“, sagt er. „Ich schüttel’ das nicht so einfach aus den Kleidern, ich nehme das mit in Richtung Weihnachten und ins neue Jahr.“ Wie Trainer Hannes Wolf direkt im Anschluss an das „gruselige Spiel“ im Fränkischen findet auch der Sportchef deutliche Worte. Der angestrebte Aufstieg werde mit einer Leistung, wie sie die Mannschaft in Würzburg und zuvor beim 1:2 gegen Hannover 96 gezeigt hat „nicht gelingen“.

Ausgerechnet zum Ende des Jahres haben die Stuttgarter die ersten zwei Saison-Niederlage in Folge kassiert. „Die beiden Ergebnisse überstrahlen die Hinrunde“, erkennt Schindelmeiser und sieht sich schon zu diesem Hinweis genötigt: „Wir werden natürlich an unserem großen Ziel festhalten.“ Das Ziel Rückkehr in die Bundesliga.

Schindelmeiser betont auch, dass die Vorrunde „insgesamt ordentlich“ sei. Platz drei, punktgleich mit dem Zweiten Hannover und zwei Zähler hinter Spitzenreiter Eintracht Braunschweig ist keine schlechte Ausgangslage für die Rückrunde. Aber der jüngste Trend geht in die falsche Richtung. Wiederholt wurde der Sprung auf Platz eins verpasst. Und so ist die Lage gefühlt mieser als es der Tabellenplatz aussagt – so wie sie vor wenigen Wochen nach sechs Spielen ohne Niederlage euphorischer war als es die Leistungen auf dem Platz erlaubt hätten.

„Einfach laufen lassen ist keine Option, und darin bin ich auch nicht gut. Wir werden Dinge verändern müssen“, sagt Schindelmeiser nun und kündigt Aktivitäten auf dem Transfermarkt an. Wie intensiv diese werden, verrät er nicht. Er muss die Balance finden, den Kader signifikant zu verstärken, ohne das Gefüge zu sehr aus dem Gleichgewicht zu bringen. Verstärkung, kein Umbruch. Aber: „Wir müssen an der Struktur der Mannschaft arbeiten.“

Schindelmeiser ist eigentlich keiner, der mit Schlagwörtern um sich wirft. Im Zusammenhang mit dem Anforderungsprofil aber sagt er: „Wir brauchen mehr Winner-Mentalität. In der Gruppe brauchen wir das, um erfolgreich zu sein. Insbesondere, wenn es eng wird.“ Auch Wolf hatte nach der Blamage in Würzburg erkannt: „Die Kultur des unbedingten Willens, das ist hier im Verein schon ein Thema.“

Erste Gespräche sind geführt, mit potenziellen Zugängen und mit potenziellen Abgängen. Die können in zwei Kategorien eingeteilt werden: Fußballer, die kaum eine Rolle spielen wie Philip Heise, Stephen Sama, Borys Tashchy oder Jean Zimmer. Und eben Spieler, an deren Mentalität es im Verein Zweifel gibt. Der Name Alexandru Maxim kommt Schindelmeiser freilich nicht über die Lippen. Aber er wird intern diskutiert werden.

Akteure, die aufgrund ihrer Leistung für andere Clubs interessant sind, wird der VfB dagegen nicht gehen lassen. Timo Baumgartl etwa dürfte bei einigen Bundesligisten auf dem Zettel stehen. So lange der Aufstieg nicht geschafft ist, ist das Abwehrtalent unverkäuflich. Im Gegenteil: Der Sportchef ist auf der Suche nach mehr Spielern eines Schlages von Baumgartl. Denn der VfB soll so kurz wie möglich Zweitligist sein: „Die ganz Struktur des Vereins lässt doch gar nichts anderes zu als die Rückkehr in die Bundesliga anzustreben.“ Schindelmeiser jedenfalls will nichts unversucht lassen, um die Saison am 21. Mai abzuschließen – auf einem direkten Aufstiegsplatz.

Hinkel wird U-23-Trainer

VfB-Sportvorstand Jan Schindelmeiser ist auf der Suche nach Verstärkungen für den Zweitliga-Kader. Im eigenen Verein wird er dabei nicht fündig. „Aktuell wird es keine Spieler aus der U 23 oder U 19 geben, die in den Profikader aufgenommen werden“, betonte Schindelmeiser.

Um den VfB-Nachwuchs war es trotz immer professionellerer Rahmenbedingungen schon besser bestellt. Um das zu ändern, gibt es im Trainerstab einige Veränderungen: Ex-Nationalspieler Andreas Hinkel übernimmt die U-23-Mannschaft in der Regionalliga, die nach der Beurlaubung von Sebastian Gunkel Ende November von Walter Thomae betreut wurde. Thomae konzentriert sich wieder auf seine Aufgabe als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums.

Bei der U 19 und der U16 gibt es einen Tausch: Heiko Geber übernimmt die U 19 und übergibt die U 16 an Kai Oswald.

HINKEL