Die Bettler schlagen ihr Lager nicht mehr an der Oper, sondern unter der „grünen“ Brücke an der Wolframstraße auf. Foto: Wilhelma Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Kaum werden die Tage wieder länger und die Temperaturen etwas angenehmer, sind auch die Bettlerbanden in der Landeshauptstadt zurück. Am vergangenen Wochenende haben sie bereits vereinzelt ihr Lager im unteren Schlossgarten aufgeschlagen. Auch der Polizei und der Stadtverwaltung sind die Vorgänge nicht entgangen, sie kündigen daher vor allem im Frühjahr und Sommer wieder verstärkt Kontrollen an.

Schon vor rund einem Jahr habe man den Druck auf die Banden, die meist aus Sinti und Roma bestehen, deutlich erhöht, sagt Hermann Karpf, der persönliche Referent des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer. Ein Grund: Sowohl im Rathaus als auch auf verschiedenen Polizeirevieren gingen zahlreiche Beschwerden ein, dass man sich als Passant nicht mehr sicher oder wohlfühle, so der Tenor. Dabei stören nicht nur die demütigen Bettler in den Fußgängerzonen, sondern auch die Lager in den angrenzenden Grünanlagen. Dort verrichten die Banden ihre Notdurft, reinigen ihre Wäsche in den Brunnen und hinterlassen jede Menge Müll und Essensreste. Zustände, die auch für Karpf nicht akzeptabel sind, schließlich „handelt es sich um ein Naherholungsgebiet“.

Bis zum vergangenen Herbst hätten die Kontrollen Wirkung gezeigt. Die Lage in der Innenstadt habe sich entspannt. „Die Grüppchen sind kleiner geworden, die Beschwerden über die Lager der Bettlerbanden weniger.“ Auch in diesem Jahr halte sich - auch aufgrund des strengen Winters - das Ausmaß bislang noch in Grenzen, die Situation sei „ganz gut“. Sprich, man treffe nicht jeden Tag im Schlossgarten auf campierende Bettler. Ihm sei jedoch auch bewusst, dass sich das schnell ändern könne, sobald es wärmer wird. Schon an den vergangenen Wochenenden seien erste Lager aufgeschlagen worden. „Wenn man dort nicht regelmäßig kontrolliert, ufert es aus.“

Wie sehr, davon kann Micha Sonnenfroh ein Lied singen. Er ist der Leiter des Fachbereichs Parkpflege bei der Wilhelma und somit zuständig für den Schlossgarten. „Teilweise ist unseren Mitarbeitern, zwölf sind derzeit im Einsatz, die Pflege des Parks einfach nicht mehr zumutbar.“ Es sei schwierig, sie zu motivieren. Pflanzungen würden einfach zu Freiluft-Toiletten umfunktioniert. „Mit der Zeit regenerieren sich Rasen und Stauden nicht mehr.“ Dann müsse man nachsähen oder mit Substraten helfen, im schlimmsten Fall könne man manche Pflanzen jedoch nicht mehr retten. Während die Banden sich früher direkt vor der Oper niedergelassen haben, hat durch die Kontrollen eine gewisse Verdrängung stattgefunden. Jetzt sind sie vor allem an der „grünen Brücke“ entlang der Wolframstraße anzutreffen und hinter dem Kunstgebäude. Dort werden sie aber auf keinen Fall geduldet, bestätigt Stadtsprecher Martin Thronberens. „Sobald Schwerpunkte erkannt werden - so wie unterhalb der Brücke zum unteren Schlossgarten - wird dort auch verstärkt kontrolliert.“ Die Gruppen seien sowohl der Polizei als auch dem städtischen Vollzugsdienst bekannt. Angetroffene Personen würden Platzverweise erhalten und darüber hinaus zur Kasse gebeten werden. Für Lager im Schlossgarten - eine Ordnungswidrigkeit - wird ein Bußgeld von 55 Euro fällig.

Geld geht an Hintermänner

„Sämtliche Instrumentarien, die rechtlich möglich sind, werden angewandt“, verspricht Hermann Karpf. Dazu zähle natürlich auch, das Demutsbetteln selbst zu unterbinden. Der Erstverstoß wird mit 35 Euro geahndet, Wiederholungstätern drohen bis zu 500 Euro Strafe. Zudem wird das erbettelte Geld einbehalten. Dies sei auch möglich, wenn der Bettler nicht auf frischer Tat ertappt werde. „Wer zahlreiche Cent-Münzen bei sich hat, muss schon erklären können, wo er sie her hat.“ Generell rät Karpf davon ab, Bettlern in der Innenstadt etwas zu geben. „Wer da glaubt, Gutes zu tun, der irrt. Es ist gemein, aber das Geld geht meistens direkt an die Hintermänner.“ Sie häufen zum Teil beträchtliche Beträge an und transferieren sie umgehend ins Ausland. Die Polizei spricht in diesem Zusammenhang von straff organisierten Clans. „Hier werden Menschen in Not missbraucht.“