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Stuttgart – In der Nacht von Montag auf Dienstag sind Unbekannte in das Solitude-Gymnasium in Weilimdorf eingebrochen. Dort haben sie einen Tresor geknackt und die darin befindlichen Umschläge mit Abituraufgaben geöffnet. Die bevorstehenden Prüfungen seien dennoch nicht in Gefahr, betonte Kultusministerin Susanne Eisenmann. Die entsprechenden Aufgaben in den betroffenen Fächern werden in allen Schulen des Landes ausgetauscht.

Die Täter, die zwischen 18.50 und 7.20 Uhr, auf bislang ungeklärte Weise in das Schulgebäude am Spechtweg eindrangen, verfügen offenbar über viel kriminelle Energie. Sie hebelten nicht nur mehrere Türen zu Klassenzimmern und zum Sekretariat sowie darin befindliche Schränke auf, sondern schleppten auch einen Tresor aus dem Rektorat in eine nahegelegene Toilette, um ihn dort mit einer Flex aufzuschneiden. Der Schaden an Einrichtung und Gebäude liegt nach Polizeiangaben im fünfstelligen Bereich, für Brisanz sorgt jedoch auch der Inhalt des Panzerschrankes: Abiturprüfungsaufgaben, die in knapp einem Monat Gymnasiasten aus ganz Baden-Württemberg vorgelegt werden sollten. Damit nicht genug: 2017 findet erstmals das sogenannte „KMK-Abitur“ statt, sprich über einen Pool der Kultusministerkonferenz greifen zahlreiche Bundesländer auf einheitliche Aufgaben zurück.
Gestohlen wurden die versiegelten Umschläge zwar nicht, dafür jedoch die Kuverts der Fächer Englisch und Mathematik geöffnet. Denkbar ist, dass die Täter sie abfotografiert haben. Möglich sei auch, dass die Einbrecher etwas ganz anderes gesucht und dabei nur zufällig die Abituraufgaben gefunden hätten, sagte Eisenmann.
Die jeweiligen Abiturprüfungen am 28. April beziehungsweise am 3. Mai können laut der Kultusministerin trotzdem wie gewohnt und im üblichen Rahmen stattfinden. Die Abituraufgaben in den betroffenen Fächern würden dazu an allen Gymnasien im Land ausgetauscht. „Die Schulen erhalten zeitnah Ersatzaufgaben“, so Eisenmann. „Sicherheit im gesamten Verfahren hat für uns einen besonders hohen Stellenwert.“ Bereits im Februar habe das Kultusministerium den Schulen vor diesem Hintergrund eine einseitige „Checkliste Sicherheit“ für die Durchführung der Prüfung zukommen lassen. Darin steht unter anderem, dass es von großer Bedeutung sei, dass die Aufgaben bis zum Beginn der Prüfungen nicht bekannt werden dürfen, da dadurch ein „hoher materieller und immaterieller Schaden“ entstünde. Sie müssten daher an einem „besonders gesicherten“ Ort aufbewahrt werden, zu dem ausschließlich die Schulleitung Zugang habe. Weiter heißt es: „Das Öffnen der Umschläge wird von der Schulleitung in Anwesenheit der Fachlehrkräfte vorgenommen und ist in den Prüfungsakten zu dokumentieren.“
In der Nacht auf Dienstag war dies jedoch nicht der Fall, dem Solitude-Gymnasium machte Eisenmann in diesem Zusammenhang aber keinen Vorwurf. Im Gegenteil: Eisenmann dankte der Schulleitung für ihre schnelle und umsichtige Reaktion auf den Vorfall.
In Baden-Württemberg werden in diesem Jahr 35 000 Schüler an allgemeinbildenden Gymnasien, Kollegs, Abendgymnasien und Waldorfschulen das Abitur in Angriff nehmen. Bundesweit erwerben nach KMK-Statistik in diesem Jahr 286 000 Schüler die Hochschulreife an allgemeinbildenden Schulen.