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Stuttgart – Tagestouristen sind eine Wirtschaftsmacht: Einer neuen Studie zufolge haben im vergangenen Jahr rund 52 Millionen Menschen einen Tagesausflug in die Landeshauptstadt unternommen. Allein sie sorgten für einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro. 

Von Elke Hauptmann


Der Tourismus in Stuttgart boomt. Mit 3,56 Millionen Übernachtungen wurde im vergangenen Jahr eine neue Bestmarke registriert. „Doch das ist nur ein kleiner Teil des Tourismusmarktes“, räumt Stuttgarts Tourismuschef Armin Dellnitz ein. Wie sehr die Stadt von Besuchern profitiert, die nicht ein paar Nächte in einem der vielen Hotelbetriebe logieren, kann er nun schwarz auf weiß belegen. Gestern stellte er die Analyse des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr (dwif) vor. Demnach dominiert der Tagestourismus den Markt: Auf jede Übernachtung in einem gewerblichen Betrieb – Hotel, Gasthof, Pension, Jugendherberge – kommen in der Region Stuttgart, also der Landeshauptstadt mit den fünf benachbarten Landkreisen, statistisch 6,2 Tagesreisen. Dazu würden Ausflüge von Schulklassen ebenso zählen wie Familien, die Freizeiteinrichtungen oder Kulturveranstaltungen besuchen, aber auch der Geschäftsmann, der an Kongressen und Schulungen teilnimmt, oder einfach nur der Einkaufsbummel oder das Treffen mit Bekannten, erläuterte Manfred Zeiner von dwif. Die Aufenthaltsdauer von Tagestouristen betrage im Schnitt sechs Stunden. In dieser Zeit würden pro Person rechnerisch 35 Euro ausgegeben.
Der Erhebung zufolge kommen in der Region zu den 8,43 Millionen gewerblichen Übernachtungen (Stuttgart 3,56 Millionen) und den erstmals erhobenen 16,8 Millionen Übernachtungen in Privatwohnungen bei Verwandten und Bekannten (Stuttgart 3,95 Millionen) noch insgesamt 99,3 Millionen Tagestouristen hinzu – allein 52 Millionen davon besuchten die Landeshauptstadt. Insgesamt sorgten die Touristen im vergangenen Jahr in den fünf Landkreisen für einen Bruttoumsatz von 2,4 Milliarden Euro, in Stuttgart waren es weitere knapp 2,7 Milliarden Euro.
Interessant ist: Das Ausgabeverhalten der Tages- und Übernachtungsgäste unterscheidet sich der Studie zufolge in seiner Höhe und Struktur. In Stuttgart zum Beispiel hatten die Übernachtungsgäste für rund 730 Millionen Euro Umsatz gesorgt, die Tagesgäste hingegen für fast 1,96 Milliarden Euro. Beim Tagesgast dominieren die Ausgaben mit mehr als 50 Prozent im Einzelhandel, beim Übernachtungsgast verbleiben knapp zwei Drittel im Gastgewerbe. Ein Tourist, der im Hotel schläft, gibt für den Stuttgart-Besuch im Schnitt fast 200 Euro aus. Darüber hinaus, so Zeiner, profitieren Bund, Länder und Kommunen vom Tourismus. 2015 beliefen sich die Einnahmen aus Umsatz- und Einkommensteuer auf mehr als 475 Millionen Euro aus der Region Stuttgart.
„Für die Region Stuttgart ist der Tourismus ein erheblicher Wirtschaftsfaktor, den man wertschätzen sollte“, betonte Armin Dellnitz, der Geschäftsführer der Stuttgart Marketing GmbH und der Regio Stuttgart Marketing- und Tourismus GmbH. Gerade der Tagestourismus werde in der Vermarktungsstrategie bis 2022 eine tragende Säule bleiben. Doch die Anziehungskraft der Region sei kein Selbstläufer: „ Die vorliegende Untersuchung sehe ich als Appell an jeden, Tourismus als bedeutendes Querschnittsthema zu verstehen. Die Investition in diese Branche ist gleichzeitig auch eine Investition in unsere Region.“
Ähnlich äußerte sich auch Stuttgarts Erster Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der Stuttgart Marketing GmbH, Michael Föll. „Die Studie zeigt, dass der Tagestourismus eine der Top-Ten-Branchen mit Wachstumspotenzial ist. Und sie bestätigt, dass wir die Entwicklung der touristischen Infrastruktur zu einer wichtigen Aufgabe der kommenden Jahre machen müssen.“ Er denkt da zum Beispiel an die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Stuttgarter City, an den Ausbau des freien Wlan-Netzes und vor allem an den Bau eines neuen Tagungs- und Kongresszentrums in Stuttgart. Die Notwendigkeit dafür habe die Verwaltung im vergangenen Jahr bereits dargelegt, „bis Ende dieses Jahres werden wir eine Machbarkeitsstudie vorlegen“, kündigte er an. Die Tourismusstudie, ist Föll überzeugt, könnte bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein. Zugleich liefere sie bemerkenswerte Daten, die bislang nicht vorgelegen hätten. „Wenn man die Einwohnerzahl und die tägliche Touristenzahl addiert, dann ist Stuttgart eigentlich eine Millionenmetropole.“