Beamte der Spurensicherung am Tatort in der Talstraße in Filderstadt-Bernhausen. Foto: SDMG/Friebe Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Filderstadt/Stuttgart - Die tödlichen Schüsse eines Polizisten auf einen bewaffneten 29-Jährigen in Filderstadt-Bernhausen werfen viele Fragen auf. Unklar ist, warum der Mann trotz angedrohten Schusswaffengebrauchs die Beamten unbeirrt mit einem Messer angriff und ob die beiden Schüsse auf ihn tatsächlich das letzte mögliche Mittel waren, um ihn zu stoppen.

Die Kriminalpolizeidirektion Esslingen stand gestern mit ihren Ermittlungen zum genauen Hergang, zur möglichen Vorgeschichte und zu den Motiven des 29-Jährigen noch ganz am Anfang. Die Polizei konnte zu dem jungen Mann bisher nur mitteilen, dass er noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten war. Sowohl seine Angehörigen als auch die am Einsatz beteiligten Polizisten befinden sich nun in psychologischer Betreuung.

Wie bei solchen Vorfällen üblich, wurde auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Diese muss nun überprüfen, ob sich der Polizist beim Abfeuern seiner Dienstwaffe an die strengen Vorschriften des baden-württembergischen Polizeigesetzes gehalten hat. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) teilte gestern mit, im Polizeialltag komme es immer wieder zu brenzligen Situationen, in denen Polizisten in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen müssten. Dass beim aktuellen Einsatz ein Mensch ums Leben gekommen ist, sei bedauerlich. Leichtfertig greife in Deutschland aber kein Polizist zur Waffe. „Jeder Polizist hofft, dass er in seiner Dienstzeit nie eine Waffe einsetzen muss“, sagte DPolG-Landesvorsitzender Ralf Kusterer.

Die tödlichen Schüsse in Filderstadt wecken Erinnerungen an einen Vorfall, der sich im November 2013 im Stuttgarter Osten ereignet hatte. Damals hatte ein 36-Jähriger in der Landhausstraße mit einer Waffe um sich geschossen und war daraufhin von einem Polizisten erschossen worden. Das spätere Opfer hatte selbst die Polizei angerufen und angekündigt, auf die Straße gehen und jemanden erschießen zu wollen. Als die Beamten eintrafen, stand der 36-Jährige auf der Straße und feuerte mit einer Pistole in die Luft - wie sich später herausstellte war es eine Schreckschusswaffe. Die Einsatzkräfte forderten den Mann mehrmals auf, seine Waffe wegzulegen, ein 49-jähriger Polizist gab einen Warnschuss in die Luft ab und drohte dem 36-Jährigen, erneut zu schießen, wenn er die Waffe nicht weglege. Der Mann ignorierte dies und lief auf einen Beamten zu, der hinter einem Auto in Deckung gegangen war. Weil der 49-Jährige einen Angriff auf seinen Kollegen befürchtete, schoss er auf den Mann. Das Projektil verletzte eine Hauptschlagader im Bauchbereich, der Mann starb kurz darauf im Krankenhaus.

Wie sich später herausstellte, hatte es der 36-Jährige darauf angelegt, sich gezielt von der Polizei erschießen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellte nach zwei Monaten das Ermittlungsverfahren gegen den 49-jährigen Polizisten ein. Die Untersuchung der Ermittlungsbehörde ergab, dass der Beamte sich nicht der fahrlässigen Tötung im Amt schuldig gemacht habe, als er den Mann mit einem tödlichen Schuss stoppte. Er habe polizeirechtlich und strafrechtlich korrekt gehandelt.