Bei Schaulustigen beliebt: Die neue Blitzersäule beim Fußgängersteg in der Friedrichstraße, die das nächtliche Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde überwacht. Foto: Schütze Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Es ist Freitagabend kurz nach halb Elf und auf der „Theo“ ist die Stimmung bestens. Nicht nur in den Bars und Clubs entlang der Partymeile ist Feiern angesagt, sondern auch beim Fußgängersteg in der Friedrichstraße. Hier steht einer von zwei Blitzern, die Oberbürgermeister Fritz Kuhn Anfang vergangener Woche in Betrieb genommen und damit für eine neue Art der Abendunterhaltung gesorgt hat. Zwei Dutzend Schaulustige haben sich am Straßenrand eingefunden, um der Lasermesssäule bei der Arbeit zuzuschauen - und kommen dabei voll auf ihre Kosten.

Im Minutentakt tappen Autofahrer in die Radarfalle, jedes Mal zeugt ein greller roter Blitz davon, dass wieder einer erwischt wurde. Die Zuschauer jubeln und applaudieren, manche filmen das Geschehen lachend mit ihren Handys. Drei junge Männer haben sich direkt an die Straße gestellt. Sobald sich das nächste Fahrzeug mit erkennbar überhöhter Geschwindigkeit nähert, machen sie in freudiger Erwartung „La Ola“. „Wir sind schon den vierten Abend nacheinander hier, nur um uns das anzuschauen“, sagt der 19-jährige Aleksander aus Untertürkheim. Einige haben Campingstühle mitgebracht und machen es sich nun mit einem Bier in der Hand bequem. „Das sind die besten 160 000 Euro, die die Stadt je investiert hat“, meint einer der Umstehenden, um dann gleich wieder laut zu grölen, als es den nächsten Autofahrer erwischt. „Der ist seinen Lappen bestimmt los“, sagt er und kann sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.

Dass die Stadt in der Theodor-Heuss- und der Friedrichstraße vor zwei Wochen ein nächtliches Tempo-30-Limit zwischen 22 und 6 Uhr eingerichtet hat, hat sich augenscheinlich noch nicht überall herumgesprochen. Der Blick auf die Kennzeichen zeigt: Es sind vor allem Fahrer aus der Region, die von den Blitzern überrascht werden. Aber auch Taxis mit Stuttgarter Nummernschild werden geblitzt. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, mit den Anlagen Verkehrsrowdys auszubremsen und illegale Straßenrennen zu verhindern. Dass dies tatsächlich gelingt, glaubt keiner der Schaulustigen. „Diejenigen, die sich hier regelmäßig zum Rasen treffen, wissen genau, wo die Blitzer stehen“, sagt der 25-jährige Tobias aus Leonberg, der fast jedes Wochenende mit seinem getunten Mercedes auf die „Theo“ kommt. „Die bremsen kurz vorher ab und geben dann mit durchdrehenden Reifen wieder Gas. Erwischt werden diejenigen, die aus Gewohnheit 50 fahren. Das ist doch reine Abzocke.“ Auch der 20-jährige Mario aus Esslingen zweifelt am Erfolg der Maßnahme, kann die Beweggründe der Stadt aber nachvollziehen. „Wenn nachts die ganzen Betrunkenen aus den Clubs kommen und über die Straße laufen, dann ist das selbst bei Tempo 50 gefährlich. Da kann immer was passieren.“ Sein Kumpel Manuel indes rechnet damit, dass es bald zu Vandalismus kommen wird. „Es wird eine Zeit lang gut gehen, dann wird den Geräten was passieren. Dann werden sie zugeklebt oder so“, sagt er.

Tobias findet, die Stadt solle lieber einen Ort bereitstellen, an dem sich die Fahrer mit ihren getunten Autos legal treffen und über ihr Hobby fachsimpeln können. „Dann müsste keiner mehr auf die ‚Theo‘ und es würde dort auch nicht mehr gerast.“ Am besten, sagt Tobias, wäre ein Parkhaus wie das P 7 an der Cannstatter Benzstraße. Dort hatte sich monatelang regelmäßig die Tuning-Szene getroffen, ehe die Stadt Ende August 2014 die Treffen untersagte.