Anna Haag zählt zu Stuttgarts starken Frauen. Gabriele Katz wird über sie und Elly Heuss-Knapp berichten. Foto: CZ-Archiv Quelle: Unbekannt

(red) - Gabriele Katz hat über „Stuttgarts starke Frauen“ geforscht und darüber geschrieben. Heute berichtet sie in der Stadtteilbibliothek Vaihingen über ihre Arbeit. Dabei geht es auch um die Schicksale von Anna Haag und Elly Heuss-Knapp.

Im April 1945 marschierten französische Truppen in Stuttgart ein, und amerikanische Soldaten rückten über das Remstal auf die Stadt zu. Für Anna Haag, als SPD-Mitglied von den Nationalsozialisten verfolgt und eingesperrt, blieb einen Moment lang die Zeit stehen. Sie schrieb in ihr Tagebuch: „Nun werde ich in den Garten gehen. Ich werde ein paar Narzissen abschneiden, mich an ihrem samtenen Weiß und ihrem Duft ergötzen. Ich werde die blaue Frühlingsluft in mich trinken, ganz ohne Furcht. Ich werde ein kleines Lied summen, und alles Menschenglück wird wieder mein sein.“

Doch für die Frauen gab es die oft beschworene Stunde Null nicht: Ob sie nun die Niederlage Deutschlands als Katastrophe erlebten oder sich darüber freuten, ob sie Siegern oder Befreiern gegenüberstanden, die ihre Nahrungsvorräte und unzerstörten Wohnungen beschlagnahmten, sie als Dienstmädchen verpflichteten, schlimmstenfalls vergewaltigten. Viele ausgebombte Stuttgarterinnen mussten zwischen den Ruinen einen „neuen“ Hausstand zusammentragen und Kleidung organisieren. Auf der Zuteilungsliste von Lebensmitteln und Zigaretten, der wichtigsten Währung auf dem Schwarzmarkt, fanden sie sich an letzter Stelle. Politisch belastete Frauen und solche, die nur geringfügig beschäftigt waren, wurden als „Trümmerfrauen“ herangezogen. Die Arbeit dagegen, die Theologinnen wie Lenore Volz in den Kriegsjahren geleistet hatten, sollte, rückblickend als Notlösung betrachtet, ihr Ende finden. Dass die Frauen weiterhin den öffentlichen Dienst wie Post und Straßenbahn aufrecht hielten und in den Fabriken arbeiteten, war selbstverständlich.

Die Mehrheit der Frauen nahm das alles hin. Selbst nach den Erfahrungen der vergangenen 12 Jahre blieb der weibliche Anteil in allen Parteien gering, lediglich vier Frauen wurden am 12. Oktober 1945 in den Stuttgarter Beirat berufen. Eine liberale Vollblutpolitikerin wie Elly Heuss-Knapp ließ sich davon nicht abschrecken und begann unverzüglich, Frauen und Kinder mit „Care-Paketen“ und „Hoover-Speisung“ zu unterstützen. 1946 kandidierte sie für den Landtag von Württemberg-Baden. Auch die emigrierte Stuttgarter Journalistin und Autorin Jella Lepman, die im Rang eines Majors der amerikanischen Armee als Beraterin für Frauen- und Jugendfragen nach Deutschland zurückgekehrt war, verließ sich nur auf ihre eigene Initiative, als sie im Herbst 1945 eine internationale Kinderbuchausstellung plante. In einer beispiellosen Aktion sammelte sie Bücher in 20 Ländern, von denen viele im Krieg Gegner Deutschlands gewesen waren, und präsentierte sie 1946 unter anderem in Stuttgart.

Gabriele Katz, die 2015 im Theiss Verlag ein Buch über Stuttgarts starke Frauen veröffentlicht hat, erzählt am 31. Mai, um 17.30 Uhr in der Stadtteilbibliothek Vaihingen, Vaihinger Markt 6, über diese Zeit voller Spannungen und Gegensätze im Leben der Frauen. Sie zeigt außerdem, welche langfristigen Projekte daraus hervorgegangen sind: das Müttergenesungswerk, die Internationale Kinderbibliothek, das Theologinnengesetz, ein Stück Geschichte des Gebrauchsdesigns, der Modefotografie und des Schmucks, der Kunst. Katz ist in Württemberg geboren und schloss ihr Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik mit einer Promotion ab. Sie arbeitet als Historikerin und Autorin und lebt in Berlin und in der Nähe von Stuttgart. Karten gibt es unter Telefon 216-809 14 sowie per E-Mail an stadtteilbibliothek.vaihingen@stuttgart.de.