In dem Unfallwagen in der Botnanger Straße fanden die Ermittler auf dem Armaturenbrett eine Whiskey-Flasche. Foto: www.7aktuell.de/Sven Adomat Quelle: Unbekannt

Stuttgart (jo) - Am Montagabend ist ein offenbar alkoholisierter Mercedes-Fahrer in der Botnanger Straße im Stuttgarter Westen in ein geparktes Auto gekracht und zusammen mit drei Insassen geflüchtet. Fahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss sind im Stadtgebiet keine Ausnahme, wie die Unfallbilanz 2016 beweist. Demnach haben mehr als 70 Prozent der alkoholisierten Fahrer, die an Unfällen beteiligt sind, 1,1 Promille oder mehr im Blut. Die Anzahl der Unfälle unter Drogeneinfluss hat sich gegenüber 2015 verdoppelt.

Jüngstes Beispiel: der Unfall am Montagabend im Stuttgarter Westen. Der 23 Jahre alte Fahrer war mitsamt seinen drei Begleitern nach dem Unfall in Richtung Herderplatz geflüchtet. Eine Zeugin hatte die Polizei verständigt. Im Fahrzeug fand die Polizei auf dem Armaturenbrett eine halb volle Flasche Whiskey. Die Beamten griffen den Fahrer an der Haltestelle Vogelsang auf. Bei der Personenkontrolle stellten die Beamten fest, dass der Mann offenbar unter Alkoholeinwirkung stand und nach ersten Ermittlungen nicht im Besitz eines Führerscheines ist. Bei einem seiner Begleiter fanden die Beamten eine geringe Menge Rauschgift. Bei dem verdächtigen Fahrer wurde eine Blutprobe entnommen. Wie viel Promille es tatsächlich waren, wird derzeit noch ermittelt. Der Mann ergänzt somit eine unerfreuliche Statistik.

Bei Unfällen unter Alkoholeinfluss gelten rund Dreiviertel der Beteiligten aufgrund ihres Blutalkoholgehaltes als absolut fahruntüchtig, wie die Unfallbilanz 2016 zeigt. Rund 77 Prozent der Unfallbeteiligten hatten mehr als 1,1 Promille intus. Mehr als 45 Prozent wiesen einen Blutalkoholwert von über 1,6 Promille auf - 20 Prozent setzten sich sogar noch mit über zwei Promille hinters Steuer. Bei Fahrten mit einem Alkoholwert von über 1,1 Promille im Blut riskieren die Fahrer beträchtliche Strafen: Es drohen drei Punkte in Flensburg, eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sowie ein Führerscheinentzug mit einer Sperrfrist von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren oder gar auf Dauer. Zudem muss eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis absolviert werden.

Auch bei den Fahrten ohne Unfälle ist die Zahl der absolut Fahruntüchtigen hoch. Im vergangenen Jahr wurden 938 sogenannte folgenlose Trunkenfahrten registriert. Knapp die Hälfte, 43 Prozent, der angehaltenen Autofahrer wies einen Alkoholpegel von über 1,1 Promille auf. „Wir haben es nicht nur mit betrunkenen Autofahrern zu tun, sondern zunehmend auch mit autofahrenden Trinkern“, sagt Claudia Rohde, Leiterin der Verkehrspolizeidirektion Stuttgart.

2016 haben sich in Stuttgart 245 Unfälle unter Alkoholeinfluss ereignet. Das ist zwar ein Rückgang um mehr als zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Folgen der Unfälle waren allerdings gravierender. Die Zahl der Schwerverletzten hat sich von zwölf (2015) auf 25 (2016) verdoppelt. Hauptunfallverursacher waren Autofahrer, sie verursachten mehr als 80 Prozent der Unfälle unter Alkoholeinfluss. Bedenklich ist auch das Verhalten nach Unfällen: In rund 20 Prozent der Unfälle begeht einer der Beteiligten Fahrerflucht, übrigens kein Kavaliersdelikt. Motive für die Fahrerflucht sind dabei häufig Alkohol oder Drogen am Steuer, eine fehlende Fahrerlaubnis oder die Einstufung bei der Kfz-Versicherung.

Außer Alkohol am Steuer wird auch der Konsum von Drogen zunehmend zum Risiko im Straßenverkehr. Bei Verkehrskontrollen wurden im vergangenen Jahr 353 (2015: 302) unter Drogeneinfluss stehende Fahrer angezeigt. Die Dunkelziffer ist jedoch bedeutend höher. Auf einen registrierten Verstoß würden etwa 600 nicht festgestellte Fahrten unter Drogeneinfluss kommen, sagt Claudia Rohde. Die Anzahl der Unfälle unter Drogeneinfluss hat um 50 Prozent zugenommen: von 18 (2015) auf 27 (2016). Auch die Zahl der folgenlosen Drogenfahrten stieg im vergangenen Jahr von 302 Vorfällen (2015) auf 353 Fälle an.

Die Fahrtauglichkeit ist unter Drogen oder Alkohol erheblich eingeschränkt. Beides erhöht die Risikobereitschaft und schränkt das Reaktionsvermögen ein. Bereits ab 0,3 Promille verringern sich Konzentrationsfähigkeit, Reaktion und Sehvermögen.