Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart lehnt zusätzliche Finanzierungsbeiträge für das Bahnprojekt Stuttgart 21 kategorisch ab. Der angedrohten Klage der Bahn sieht man gelassen entgegen: „Wir sehen gute Chancen, dass es nicht so kommt, wie es die Bahn gern hätte“, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn gestern.

Wie berichtet, will die Bahn noch in diesem Jahr beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen das Land und die weiteren Projektpartner einreichen und so ihren vermeintlichen Anspruch auf deren Beteiligung an Mehrkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro geltend machen. Der Staatskonzern beruft sich auf die im Finanzierungsvertrag von 2009 festgehaltene Sprechklausel. Darin heißt es, dass im Falle von Kostensteigerungen die Bahn und das Land (auch im Namen der anderen Partner) miteinander über die weitere Finanzierung reden.

Die juristische Auseinandersetzung scheint unabwendbar, eine einvernehmliche Einigung bis zum 21. Dezember ausgeschlossen. Denn die Projektpartner blocken unisono eine über den vereinbarten Finanzierungsrahmen von 4,526 Milliarden Euro hinaus gehende Beteiligung ab. Der Stuttgarter Gemeinderat wird heute offiziell die von der Bahn geforderte Verlängerung einer Verjährungsfrist ablehnen. „Wir sind der Überzeugung, dass keine zusätzlichen Ansprüche gegen die Stadt bestehen und daher auch keine Ansprüche verjähren können“, erklärte Kuhn im Verwaltungsausschuss. Stuttgart beteiligt sich dem Finanzierungsvertrag zufolge bereits mit rund 239 Millionen Euro an dem umstrittenen Projekt.

Gegen die Klage der Bahn wird sich die Stadt verteidigen. Auch wenn es „ein langer Weg“ werde, wie Kuhn sagte. Mit der Prozessvertretung wird die Kanzlei Dolde Mayen beauftragt. Rechtsanwalt Winfried Porsch räumt Stuttgart gute Chancen ein. Die Sprechklausel bewertet er als „inhaltsleere Formulierung“. Zudem trage die Bahn die Beweislast: Sie werde in dem Prozess „die Hosen runterlassen müssen“ was die Kostenentwicklung betreffe. Die meisten Kostenrisiken, etwa durch Verzögerungen bei den Feststellungsverfahren oder durch Auflagen für den Brand- und Artenschutz fielen in ihren Verantwortungsbereich.

Im Übrigen sei das Land im Fall weiterer Kostensteigerungen alleiniger Ansprechpartner für die Bahn, betonte Kuhn. Bislang sei diesbezüglich auch noch niemand auf die Stadt zugekommen. Als völlig abwegig bezeichnete der OB das Argument der Bahn, warum die Projektpartner zahlen sollen: Stadt und Land hätten den Konzern einst zum Bau des Durchgangsbahnhofs und der Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm gedrängt. Es sei bei Stuttgart 21 primär nicht um eine Optimierung der Eisenbahninfrastruktur gegangen, sondern um städtebauliche, wie verkehrs- und wirtschaftspolitische Ziele von Stadt, Land und Region, meint die Bahn. Das Gemeinschaftsprojekt stehe seit dem „Memorandum of Understanding“ 2007 unter der Prämisse, dass für den Konzern keine unkalkulierbaren Risiken entstünden und die Wirtschaftlichkeit dargestellt sei.

Trotz der neuen Entwicklung wird der Gemeinderat heute den Widerspruch gegen die vor einem Jahr beschlossene Ablehnung des Bürgerbegehrens „Storno 21“, in dem es um die Mehrkosten des Projektes geht, zurückweisen. Gleiches gilt für das Bürgerbegehren, das den Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21 aufgrund des angeblichen Leistungsrückbaus zum Inhalt hat. Nach Einschätzung der Verwaltung sind beide Begehren rechtlich unzulässig. Die Widersprüche werden nun dem Regierungspräsidium zur Entscheidung vorgelegt.