Die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe sind gut gefüllt, der Fachkräftemangel macht ihnen jedoch zu schaffen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Lorena Greppo

Stuttgart - Unter den Unternehmen in der Region herrscht weitgehend Zufriedenheit mit der Geschäftslage - das ergaben Befragungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie der Handwerkskammer Region Stuttgart. Sorgen bereiten hingegen der Fachkräftemangel und ein mögliches Fahrverbot in der Stuttgarter Innenstadt.

Von knapp 1000 befragten Betrieben aus Industrie, Dienstleistung und Handel bewerten 94 Prozent die Geschäftslage als „gut“ oder befriedigend“, landesweit zeichnet sich eine ähnliche Stimmungslage ab. Im Handwerk zeigen sich nahezu drei Viertel der Unternehmer zufrieden. Handwerksbetriebe verzeichnen außerdem gut gefüllte Auftragsbücher, trotz der gewöhnlich schwächeren Sommermonate. Der Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart, Rainer Reichhold, verweist zudem darauf, dass die Erwartungen für das kommende Quartal durch Weihnachts- und Jahresabschlussgeschäft Anlass für Optimismus geben. In der regionalen Wirtschaft hingegen hat die Zuversicht für das kommende Geschäftsjahr leicht nachgelassen. Auch die Nachfrage steige nur noch in 27 Prozent der befragten Betriebe (2015: 33 Prozent). Im Auslandsgeschäft ist die Entwicklung erfreulicher, nur knapp zehn Prozent der Unternehmen fürchten weniger Exporte. IHK-Präsident Georg Fichtner sieht für die Konjunktur 2017 den Brexit als großes Thema. Die Entwicklung habe „bisher nur geringen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung“, jedoch wisse man nicht, was zu erwarten ist. Grundsätzlich ist Fichtner verhaltenen optimistisch für das kommende Jahr.

Herausforderung Feinstaub

Von besonderer Bedeutung sei außerdem das Urteil aus Düsseldorf zu möglichen Fahrverboten bei zu hoher Schadstoffbelastung. Fichtner spricht sich im Namen der IHK gegen Fahrverbote aus und warnte vor „gravierenden Folgen“ für Unternehmen und Bürger. Reichhold ergänzt: „Fahrverbote bedeuten nicht nur Umsatzeinbußen für die Betriebe, sondern auch die Gefährdung der Versorgung der Kommunen.“ Er sehe momentan im Wirtschaftsverkehr auch keine echte Alternative zu Kraftfahrzeugen. Zumal im Handwerk nicht an externer Stelle produziert werden könne, man müsse den Kunden erreichen können. Auf Elektromobilität umzusteigen gestalte sich insofern schwierig, da Hersteller wie Daimler aktuell etwa in der Sprinter-Klasse keine E-Fahrzeuge anböten. Auch die Einführung einer blauen Plakette sieht Reichhold kritisch - ein Fahrzeug zu verbieten, das erst vor Kurzem gekauft wurde und den Standards der grünen Plakette entspricht, käme einer Enteignung gleich. Bei Neuanschaffungen sei der Anspruch der Euro-6-Norm hingegen kein Problem: „Wir wehren uns nicht gegen neue Fahrzeugantriebe“, so Reichhold. IHK und Handwerk hätten dem Stuttgarter OB Fritz Kuhn (Grüne), eine Vorschlagsliste zukommen lassen, die Punkte wie eine Förderung für Firmen- und Feinstaubtickets, einen Ausbau vor Park-and-Ride-Parkplätzen und eine Untersuchung von Stauursachen enthält. Zudem sehe man bei der Innenstadtlogistik Handlungsbedarf, sagt Fichtner und schlägt vor, bereits jetzt mit einfachen Maßnahmen anzufangen, damit man deren Auswirkungen besser abschätzen kann. Fichtner regte Überlegungen an, wie man für den Wirtschaftsverkehr bei Fahrverboten Ausnahmegenehmigungen erteilen könne. IHK und Handwerk erhoffen sich hier die Erarbeitung eines Konzepts in enger Zusammenarbeit mit Stadt und Land.

Potenzial durch Flüchtlinge

Eine weitere Herausforderung für die Unternehmen in der Region Stuttgart bleiben Besetzungsprobleme bei offenen Stellen. „Das Problem des Fachkräftemangels ist einfach da“, sagt Reichhold. Die IHK verzeichnet in der Region Stuttgart knapp zwei Drittel der Betriebe, die angeben, derzeit offene Stelle längerfristig nicht besetzen zu können. Deshalb könne man auch trotz gut gefüllter Auftragsbücher die Produktion nicht beliebig ausweiten. Der Präsident der Handwerkskammer sieht deshalb auch Flüchtlinge als großen Vorteil für die Unternehmen. Wichtig sei hier vor allem, dass die Zugewanderten schnell die deutsche Sprache erlernen, Klarheit über ihren Aufenthaltsstatus erhalten und über das Bildungsangebot Bescheid wissen. Denn für viele von ihnen sei es „im ersten Moment verlockend“, einen Job mit Mindestlohn anzunehmen und sofort Geld zu verdienen, als zuerst eine Ausbildung zu durchlaufen. Viele wüssten auch nicht von der Möglichkeit einer dualen Ausbildung. Reichhold kritisiert hierbei, dass viele Fördermöglichkeiten nur Minderjährigen zustünden: „Der Förderbedarf darf sich nicht nach dem Alter richten“, befindet er. Vielmehr solle man sich an den Möglichkeiten, Talenten und der Motivation des Einzelnen orientieren. Die IHK hat zu solchen Zwecken einen Test zur Kompetenzfeststellung entwickelt, der die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit erleichtern soll.