Mit Hilfe von Portalpraxen könnten sich Wartezeiten in den Notaufnahmen der Kliniken verringern lassen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Stuttgart platzen oft aus allen Nähten. Schuld daran sind die vielen Patienten, die mit vergleichsweise harmlosen Beschwerden die Ambulanzen aufsuchen. Abhilfe schaffen könnten sogenannte Portalpraxen, die als erste Anlaufstellen dienen. Die Kliniken streben dazu eine Testphase an.

Rund 27 000 Patienten wurden im vergangenen Jahr in der Notaufnahme des Stuttgarter Marienhospitals behandelt, gut 2000 mehr als im Jahr zuvor. Zu bestimmten Zeiten war die Notaufnahme derart überfüllt, dass es zu übermäßigen Wartezeiten kam. Dabei wären etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten mit ihren Wehwehchen in einer Notfallpraxis oder bei einem Hausarzt besser aufgehoben gewesen, wie eine interne Analyse der Klinik ergab. Vor allem tagsüber an Werktagen, wenn die ebenfalls am Marienhospital angesiedelte Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte geschlossen hat, kämen relativ viele Patienten mit leichten Erkrankungen in die Ambulanz, sagt Otto Tschritter, leitender Oberarzt der interdisziplinären Notaufnahme. Ein Phänomen, mit dem auch viele andere Kliniken in der Landeshauptstadt zu kämpfen haben.

Verbessern ließe sich die Situation möglicherweise mithilfe sogenannter Portalpraxen. In diesen würden die Patienten in akute Fälle für die Notaufnahme, akute Fälle für eine ambulante Behandlung und nicht akute Fälle für Arztpraxen eingeteilt. Die Portalpraxen könnten den Notaufnahmen vorgelagert werden, sodass dort nur echte Notfälle landen. Die landesweit flächendeckende Einrichtung solcher zentralen Erstanlaufstellen hatte jüngst der Verband der Ersatzkassen (vdek) gefordert. Wie sich das Modell der Portalpraxen in der Landeshauptstadt umsetzen ließe, will der Verbund Stuttgarter Notambulanzen herausfinden. Erste Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den niedergelassenen Ärzten haben bereits stattgefunden, für die nähere Zukunft wird die Durchführung eines Pilotprojekts angestrebt.

„Wichtig ist, dass der Versorgungsauftrag der Portalpraxen und der Versorgungsanspruch der Patienten entsprechend definiert werden“, sagt Oberarzt Tschritter. Eine effektive Entlastung der Notaufnahmen werde eher dann erzielt, wenn die räumliche Distanz zur Notaufnahme gering sei und für Notaufnahmen eine Rechtssicherheit bei Verweis eines Patienten an die Portalpraxis gegeben sei.

Die Frage, wie sich für Patienten und Versorger das Optimum erreichen lässt, hält man auch im Klinikum Stuttgart für besonders wichtig. „Das Wesentliche ist eine konstruktive und vernünftige Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Medizin“, sagt Klinikum-Sprecherin Ulrike Fischer. Die Problematik des großen Andrangs in den Notaufnahmen sei eine gesundheitspolitische und gesundheitsökonomische Angelegenheit, die bundesweit geregelt werden müsse. „Das fängt bei der sachgerechten Vergütung der Behandlung in der Notaufnahme an und hört bei vernünftigen Notfallversorgungsstrukturen im ambulanten Bereich auf“, sagt Fischer.

Frank Weberheinz, Sprecher des Diakonie-Klinikums, betont, das Problem mit den überfüllten Notaufnahmen lasse sich von einem einzelnen Krankenhaus nicht allein lösen. Vielmehr brauche es allgemeinverbindliche Regeln und Lösungen. „Portalpraxen könnten ein Ansatz sein, die Situation in den Notaufnahmen zu entspannen“, so Weberheinz. Das Robert-Bosch-Krankenhaus hat bereits seine Bereitschaft signalisiert, das Modell auszuprobieren. „Wir sind da offen“, sagt der geschäftsführende Ärztliche Direktor Mark Dominik Alscher. Die Ersteinschätzung der Patienten wolle man aber wie bisher selbst übernehmen, bevor diese dann an die Portalpraxis übermittelt werden. „Wir wollen weiterhin eine qualitativ hochwertige Versorgung in der Notaufnahme gewährleisten“, sagt Alscher.