Das Garnisonsschützenhaus am Dornhaldenfriedhof steht seit sechs Jahren leer. Ein Verein will das Kulturdenkmal für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Foto: Verein „Raum der Stille“/Christian Dosch Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - Seit Jahrzehnten hält das denkmalgeschützte Garnisonsschützenhaus am Dornhaldenfriedhof Dornröschenschlaf. Doch ein neugegründeter Verein will es zu neuem Leben erwecken und es als „Haus der Stille“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Das Gebäudeensemble aus dem Jahre 1880 und 1893/94 liegt idyllisch mitten im Landschaftsschutzgebiet am Dornhaldenfriedhof zwischen den Stadtteilen Degerloch, Sonnenberg und Heslach. Es besteht aus Garnisonsschützenhaus, Wach- und Wohnhaus, Geräteschuppen und Garten. Die Stadt Stuttgart ist Grundstückseigentümerin, seit 2011 stehen die Gebäude leer. Ideen für eine Nutzung hat eine Bürgerinitiative schon vor geraumer Zeit entwickelt - musste allerdings einige Abstriche machen. So ist zum Beispiel der Kauf von Wache und Garnisonsschützenhaus vom Tisch.

Vor kurzem hat der im Oktober vergangenen Jahres gegründete Verein „Raum der Stille“ sein überarbeitetes Nutzungskonzept dem gemeinderätlichen Wirtschaftsausschuss vorgestellt. Dem Verein gehören bislang 41 Mitglieder an, die das Kulturdenkmal erhalten, für die Öffentlichkeit nutzbar machen und als „Haus der Stille“ beleben wollen. Sie stellen sich einen öffentlichen Raum vor, der in unterschiedlichen Lebenssituationen Innehalten, Besinnung und Einkehr ermöglicht. Das erklärte Ziel ist die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere Trauerkultur und Stadtgeschichte.

In mehreren Schritten, so erläutert Vereinsmitlied Reinhard Schmidhäuser die Pläne, könnte das Gebäudeensemble bis zum Jahr 2021 entsprechend umgestaltet werden: Aus dem Geräteschuppen soll ein Ausstellungs- und Werkstattbereich werden, die alte Scheibenwerkstatt zum Veranstaltungsraum etwa für Seminar und Lesungen, im Garnisonsschützenhaus sind ein Café mit Küchenbereich und Büros vorgesehen, im Wohnhaus könnten Stipendiaten einziehen und auch der riesige Garten soll hergerichtet werden. Alles in allem werden dafür - die Eigenleistungen des Vereins nicht mit eingerechnet - Kosten in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt, die im städtischen Haushalt eingeplant werden müssten. Bereits in diesem Jahr könnte der Verein den Geräteschuppen provisorisch für eine Nutzung herrichten - was ihm die Möglichkeit bietet, Spenden für das Projekt einzuwerben.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat eine Förderung bereits zugesagt. Kein Wunder: Das Gebäudeensemble ist einer der wenigen architektonischen Zeitzeugen der Stadtgeschichte Stuttgarts im 19. und 20. Jahrhundert - von der militärischen Schießplatz-Nutzung der Königlichen Garnison Stuttgart über Hinrichtungen während des Dritten Reiches bis zur Entstehung des Dornhaldenfriedhofs und der letzten Ruhestätte der RAF-Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe.

Die zum Kulturdenkmal ernannten Gebäude gehören zu den wenigen in Stuttgart im Schweizerstil errichteten Bauwerken. Das Garnisonsschützenhaus beherbergte einst die Kantine, die Offizierszimmer und in einem Anbau die Scheibenwerkstatt des 1869 angelegten Militärschießplatzes Dornhalde. Zu dem Ensemble gehörten auch mehrere Hilfsgebäude wie Pferdestall, Waschküche sowie Magazine für Geräte, Zielscheiben und Pulver - aber nicht alles ist heute noch erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierten amerikanische Soldaten, aber auch die Polizei, ihre Schießübungen auf dem Schießplatz. Das Garnisonsschützenhaus ging in Bundesbesitz über. Die Kantine wurde bis in die 1960er Jahre von einem Pächter als Gasthaus betrieben. 1970 kaufte die Stadt die Immobilie und vermietete sie an einen Friedhofsmitarbeiter, der dort mit seiner Familie fast 40 Jahre lang wohnte.