Der multiresistente Keim „Acinetobacter baumannii“ ist in Krankenhäusern und Kliniken gefürchtet. Foto: fotolia.com/ag visuell Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Am Mittwoch ging die Leitung des Klinikums Stuttgart in die Offensive: Aufgrund eines hochresistenten Keims sei die Intensivstation am Krankenhaus Bad Cannstatt für weitere Aufnahmen geschlossen worden, gaben die Verantwortlichen bei einer Pressekonferenz bekannt. Bislang wurde bei fünf Patienten das Bakterium „Acinetobacter baumannii“ festgestellt. Weitere Fälle sind laut einer Sprecherin nicht hinzugekommen.

Ein Anfang Dezember aufgenommener Patient hatte den Erreger in das Krankenhaus eingeschleppt. Im Verlauf der vergangenen Wochen wurden vier weitere Personen angesteckt (wir berichteten). Der Zustand der Infizierten ist nach Angaben einer Sprecherin (Stand Donnerstag) stabil. Die Betroffenen werden von einem Pflegeteam täglich desinfiziert, um zu verhindern, dass die Erreger von der Haut in die Blutbahn gelangen. Bislang zeigen sie keine Symptome - wie hohes Fieber -, die auf eine Infektion hindeuten. Eine intensive Beobachtung der Patienten erfolgt dennoch: Besonders bei älteren, schwerkranken und abwehrgeschwächten Personen kann der Keim Lungenentzündungen, Wundinfektionen und Blutvergiftungen mit tödlichen Verläufen hervorrufen. Im schlimmsten Fall wird zur Therapie das Antibiotikum Colistin verwendet. Für Gesunde hingegen ist der Keim im Regelfall ungefährlich.

Man habe alle erforderlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen getroffen, heißt es von Seiten der Verantwortlichen. Dazu gehört die vorübergehende Schließung der Intensivstation. Weitere Aufnahmen finden dort derzeit nicht statt.

Dass die jüngste Nachricht für Verunsicherung unter den Patienten am Krankenhaus Bad Cannstatt sorgt, wird von Seiten des Klinikums Stuttgart dementiert. Personen, die in eine andere Einrichtung verlegt oder vorzeitig entlassen werden wollen, hätte es nicht gegeben, heißt es. Auch die Notfallversorgung vor Ort sei trotz Stationsschließung weiterhin sichergestellt, Operationen finden statt. Die Rettungsleitstelle wurde allerdings über die Situation informiert und gebeten, wenn möglich, andere Häuser anzufahren.

Dass die Leitung des Klinikums relativ zeitnah über den resistenten Erreger informierte, ist womöglich eine Lehre aus den Vorfällen auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Kiel. Dort hatten sich im Dezember 2014 und zu Beginn des Jahres 2015 31 Intensivpatienten über einen Zeitraum von mehreren Wochen mit dem hochresistenten Keim infiziert, den ein 74-jähriger Mann aus seinem Türkei-Urlaub eingeschleppt hatte. Zwölf Personen starben. Bei neun davon konnte allerdings der Erreger „Acinetobacter baumannii“ als Todesursache ausgeschlossen werden. Kritik zog das Krankenhaus auf sich, weil Informationen nur scheibchenweise und mit deutlicher Verzögerung veröffentlicht wurden. Besser machte es die Uniklinik Ulm im Juni vergangenen Jahres: Drei Patienten hatten sich dort mit dem Keim infiziert, die betroffene Intensivstation wurde abgeriegelt, die Öffentlichkeit informiert.