Von Oliver Schmale

Stuttgart - Das Überwachungsvideo vor dem Gebäude eines türkisch-islamischen Vereins in Stuttgart-Feuerbach zeigt vier Vermummte: Sie sollen dort vor rund neun Monaten einen Brandanschlag auf eine Moschee verübt haben. Einer von ihnen muss sich seit gestern vor einer Jugendkammer des Landgerichts verantworten. Der Mann machte zu den Vorwürfen zum Prozessauftakt allerdings keine Angaben.

Der Angeklagte habe in der Nacht auf den 15. Dezember 2015 zusammen mit seinen bislang unbekannten Komplizen heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln gehandelt, sagte Oberstaatsanwältin Tomke Beddies. Dem 21-Jährigen, der der verbotenen Arbeiterpartei PKK nahestehen soll, wird daher gemeinschaftlicher versuchter Mord und Brandstiftung zur Last gelegt. Der Angeklagte habe im vergangenen Dezember mit den noch unbekannten Mittätern drei Brandsätze auf eine Bücherei in dem Gebäude an der Mauserstraße geschleudert, sagte Beddies. Zuvor waren Scheiben mit Pflastersteinen eingeworfen worden. Neben einem Büro sind in dem Komplex im Gewerbegebiet Feuerbach-Ost auch eine Moschee, eine Koranschule und eine Hausmeisterwohnung untergebracht. Der Hausmeister und seine Frau seien durch einen lauten Knall aufgeschreckt worden, sagte Beddies. Sie konnten sich unverletzt aus dem Haus retten.

Von dem Geschehen gibt es mehrere Überwachungsvideos. Einer der mutmaßlichen Mittäter filmte offensichtlich die gesamte Aktion, bei der wohl auch eine Frau beteiligt war. Die Ermittler sind nach eigenen Angaben überzeugt, den Angeklagten mithilfe der Aufnahmen und weiterer Indizien als Brandstifter überführen zu können. Auf den Überwachungsvideos ist demnach auffällig, dass eine Person sehr dick ist und eine Schirmmütze trägt. Ein Experte kam dann während der Ermittlungen zu dem Schluss, dass es sich bei einem der Brandstifter um den Angeklagten handeln könnte, der stark übergewichtig ist. Bei der Durchsuchung bei ihm wurde unter anderem eine Schirmmütze gefunden. Außerdem wurde der Angeklagte zunächst auch von einer Zeugin als möglicher Täter genannt. Die 17-Jährige ruderte aber später dann zurück. In Textnachrichten, die sie mit einer Bekannten austauschte, behauptete sie ferner gleichfalls am Tatort gewesen zu sein. Diese Aussage widerrief sie ebenfalls.

Verletzt wurde bei dem Brandanschlag niemand. Der Schaden an dem Gebäude betrug 80 000 Euro. Der Mann saß zeitweise in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl ist inzwischen aber außer Vollzug gesetzt. Außerdem soll der Angeklagte ein mobiles Verkehrsschild auf die Theodor-Heuss-Straße geschmissen haben. Anlass war demnach der Wahlsieg der AKP bei dem Urnengang im November 2015. Dieser wurde von AKP-Anhängern mit einem Autokorso gefeiert. Das Urteil vor der 3. Großen Jugendkammer wird am 21. November erwartet. Insgesamt sind neun Verhandlungstage angesetzt.

In einem mutmaßlichen Bekennerschreiben übernahm eine kurdische Jugendorganisation die Verantwortung für den Brandanschlag und begründete diesen mit Protest gegen die türkische Regierung, die mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zusammenarbeite.

Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK (Partiya Karkeren Kurdistan), die für ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei kämpft, wird von den USA und Europa als Terrororganisation eingestuft. Seit 1993 ist die PKK in Deutschland verboten.