Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - In seltener Einigkeit haben die Fraktionen von CDU, Grüne und SPD im Stuttgarter Rathaus gestern ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das schnell und nachhaltig für bessere Mobilität und Luftqualität in der Landeshauptstadt sorgen soll. Mit rund 28 Millionen Euro schlagen ihre Ideen zu Buche.

Lange Staus, dicke Luft, übervolle Bahnen - das ist der Alltag in Stuttgart. Dass vor allem kurzfristig mehr getan werden muss, um die Situation zu verbessen, dessen sind sich die drei mitgliederstärksten Fraktionen im Gemeinderat bewusst. Und weil man in der Gemeinschaft stärker ist, haben sie sich zu einem „Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung“ zusammengeschlossen. Bei allen politischen Unterschieden gebe es in einigen Punkten durchaus Übereinstimmungen, betonen die Grünen-Vorsitzenden Anna Deparnay-Grunenberg und Andreas Winter, CDU-Chef Alexander Kotz und sein SPD-Kollege Martin Körner. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Forderung nach einem preiswerten Ein-Zonen-Ticket für Stuttgart.

Mit ihrem Pakt wollen die Fraktionen unterstreichen, dass sie „nicht nur den gemeinsamen politischen Willen haben, sondern diesem Taten folgen lassen wollen“. Wie wichtig ihnen diese Themen sind, zeigt sich darin, dass sie darüber nicht erst bei den Haushaltsberatungen Ende des Jahres diskutieren, sondern schon vor einem Etatbeschluss Mittel in erheblichem Umfang bereitstellen wollen. Das gilt als Novum im Rathaus.

Finanzieller Spielraum

Die Maßnahmen, die das Bündnis in einem gemeinsamen Antrag an die Stadtverwaltung auflistet, schlagen mit 28 Millionen Euro zu Buche. Finanzieller Spielraum ist nach Ansicht der Fraktionen vorhanden: Der Jahresabschluss 2015 sei deutlich besser als erwartet ausgefallen, statt der geplanten Kreditaufnahme von 142,8 Millionen Euro wurden 245,2 Millionen Überschuss erzielt. Auch 2016 fiel offenbar besser aus als prognostiziert.

Anspruch des Bündnisses ist es, jede Mobilitätsart zu berücksichtigen und neben dem Verkehr auch andere Emissionsquellen zu betrachten. Insgesamt 13 verschiedene Maßnahmen regen sie an. Darunter sind Machbarkeitsstudien für den „Ostheimer Tunnel“ zwischen Wagenburgtunnel und der B 10 am Gaskessel, für einen reinen Fußgänger-/Radfahrertunnel in der nie fertiggestellten zweiten Röhre des Wagenburgtunnels sowie für eine Seilbahn in Vaihingen, zudem die Auslobung eines städtebaulichen Wettbewerbs für einen „neuen Cityring“ und der Bau einer Fahrradstation unter der Paulinenbrücke. Auch den seit Jahren geforderten Abriss des sogenannten Ohrs an der B 10/Friedrichswahl will das Bündnis forcieren, könnten doch sechs Millionen gefahrene Kilometer und damit eine Tonne Feinstaub und 5,7 Tonnen Stickoxide eingespart werden, wenn der Umweg über das Rampenbauwerk entfiele.

Pilot-Bus-Linie „P“

Die wohl kühnste Idee: Zur Entlastung der heute oft überfüllten Stadtbahnlinie U 1 soll zwischen dem Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt und der Stuttgarter City die Buslinie „P Zero-Emission“ mit schadstofffreien Fahrzeugen eingerichtet werden. Die Route führt über die Cannstatter, Hauptstätter-, Konrad-Adenauer-Straße, durch die Querspange zur Theodor-Heuss-Straße und über den Hauptbahnhof und die Cannstatter Straße wieder zurück. Eine durchgehende Busspur ist nicht vorgesehen, die Busse sollen durch eine intelligente Signalsteuerung Vorfahrt erhalten. Geplant ist ein Fünf-Minuten-Takt. „Wir halten dieses Pilotprojekt für förderungswürdig und würden für Planung, Inbetriebnahme, Infrastrukturmaßnahmen und laufenden Betrieb für zwei Jahre 7,75 Millionen Euro bereitstellen“, betonen die Fraktionschefs.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn begrüßt den Schulterschluss der drei Fraktionen. „Ich halte das für eine sehr gute Initiative aus der Mitte des Gemeinderats.“ Die geplanten Maßnahmen seien „ein wichtiges Signal: Die Stadt will alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Gesundheit der Bürger zu schützen und die Mobilität zu erhalten“. Die Verwaltung werde dem Rat baldmöglichst konkrete Vorschläge zur Umsetzung unterbreiten, kündigt der OB an.

Die geforderten Maßnahmen

Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine ÖPNV-Seilbahn in Vaihingen: 200 000 Euro

Erstellung einer Machbarkeitsstudie für einen „Ostheimer Tunnel“ und einen Fußgänger-/Radfahrer-Tunnel parallel zum Wagenburgtunnel: 300 000 Euro

Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs für den „neuen Cityring“ einschließlich verkehrsberuhigter Schillerstraße: 300 000 Euro

Weiterentwicklung der Integrierten Verkehrsleitzentrale, Umsetzung der geplanten Maßnahmen in Zuffenhausen: 600 000 Euro

Versuchsprojekt „e-carsharing im Haus“ in fünf größeren Wohnobjekten von SWSG oder Baugenossenschaften mit Fuhrpark, Ladeinfrastruktur und Photovoltaikanlage: 750 000 Euro

Erneuerung der Netzbeeinflussungsanlage in Stuttgart-Nord: 800 000 Euro

Pilot-Bus-Linie „P“ mit Null-Emissionsfahrzeugen in der Stuttgarter Innenstadt und zwischen Hauptbahnhof und Wilhelmsplatz Bad Cannstatt: 7,75 Millionen

Verbesserung des Angebotes der Buslinien mit Taktverdichtung und Einführung eines Ein-Zonen-Tarifs für Stuttgart. Sonderzuschuss an die SSB für die Jahre 2018/19: zwei Millionen Euro

Schaffung einer Fahrradstation unter der Paulinenbrücke mit Ladestation für E-Bikes, Stellplätzen und Reparaturservice: 200 000 Euro

Durchführung einer Imagekampagne „Stuttgart aufs Rad“ einschließlich besserer Beschilderung der Radwege: 50 000 Euro

Dreijähriges Sonderzuschussprogramm für die Erneuerung von Heizungsanlage in Wohn- und Gewerbegebäude: vier Millionen Euro

Bau des Kreisverkehrs Solitude-/Engelbergstraße Weilimdorf: eine Million Euro

Abriss des Auffahrtsbauwerks an der Friedrichswahl in Zuffenhausen und Neubau einer direkten Straßenverbindung: Rücklage der ersten Rate von zehn Millionen Euro