Stuttgart (jo) - Am 31. Oktober 1517 hat Martin Luther die 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt. In Stuttgart befasst sich 500 Jahre später die Schau „Luther kommt nach Württemberg“ mit den Spuren der Reformation.

Ein bunt gemischtes Publikum ist an diesem Tag in das Gotteshaus im Alten Schloss nach Stuttgart gekommen: Einige italienische Touristen betreten die Kirche, ein junges Paar sieht sich eine Tafel mit Luthers Werdegang an, ein Vater hat seine Tochter auf dem Arm und zeigt auf eine alte Bibel im Schaukasten. „Schön, dass auch Leute, die sonst wohl wenig in die Kirche kommen, hier sind“, sagt eine Besucherin. Sie findet die Ausstellung gelungen. Ein Exponat gefalle ihr besonders: Eine Abbildung, die Luther zeigt, wie er auf Jesus am Kreuz blickt. Das besagte Gemälde wurde von Jörg Stocker um 1530 angefertigt und befindet sich in der Stadtkirche Blaubeuren - in der Schlosskirche ist eine aufwendige Nachbildung des Werks zu sehen, weil das Original restauriert werden muss. Ob Luther tatsächlich dort abgebildet ist, wird derzeit untersucht.

Es kommt nicht oft vor, dass die Stuttgarter Schlosskirche außerhalb von Gottesdiensten für Besucher geöffnet ist. Es könnte jedoch keinen passenderen Ort für eine Ausstellung zur Reformation in Stuttgart geben, finden die Ausstellungsmacher. „Die Kirche an sich ist bereits ein Exponat“, sagt Pfarrer Wolfgang Schöllkopf, landeskirchlicher Beauftragter für württembergische Kirchengeschichte. Die Schlosskirche wurde 1560 bis 1562 erbaut und war der erste evangelische Kirchenbau in Württemberg. Hier steht der Altar zentral vor der Gemeinde und bildet dadurch den Mittelpunkt des Kirchenraums.

Die 200 Exponate zur Geschichte der Reformation stammen von 15 Leihgebern. „Zwei Jahre hat es gedauert, bis wir alle Exponate zusammen hatten“, sagt Wolfgang Schöllkopf. Es werden Abbildungen von Luther aus Gemeinden Württembergs gezeigt. Außerdem wird Luthers Leben und Wirken dargestellt und erläutert, wie er die Reformation im Herzogtum beeinflusst hat. „Es geht um die Schnittstelle zwischen Luther und der Reformation in Württemberg“, sagt Schöllkopf. Luther selbst sei nie in diesem Landesteil gewesen, nur in Ulm, das damals aber noch nicht zum Herzogtum gehörte. Er hat dennoch Spuren hinterlassen: So war zum Beispiel der württembergische Reformator Johannes Brenz ein Schüler Luthers und sein „Verskästlein“ ist Teil der Ausstellung. Ebenso werden Briefe und Schriften Luthers gezeigt. Etwa ein Brief an den Bürgermeister und Rat zu Esslingen vom 5. Oktober 1535 oder ein Brief vom 14. November 1536 an den Rat der Stadt Ulm.

Die Jubiläen der Reformation wurden in den vergangenen Jahrhunderten verschieden gefeiert, wie die Exponate beweisen: 1617 wurden etwa Trinkstuben geschlossen, damit niemand den Gottesdienst verpasst hat. Zur Erinnerung an das 200-jährige Jubiläum wurden Gedenkmünzen geprägt. Für die Feierlichkeiten in diesem Jahr wurden vielerlei Artikel, wie Badeenten mit Doktorhut und Talar sowie Luther-Bier hergestellt.

Die Ausstellung in der Schlosskirche Stuttgart ist bis 10. Juni dienstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.