Für einen Euro können Passanten aus einem ausrangierten Kaugummiautomaten im Stuttgarter Westen Kunstartikel ziehen. Archiv Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Antonia Lange

Stuttgart - Sie sind meistens rot, ein wenig rostig und wecken nostalgische Gefühle: Kaugummi-Automaten sind für viele ein Relikt der Vergangenheit. Doch haben sie auch eine Zukunft?

„Bubblegum“ gibt es für 10 Cent, „Spielwaren in Kapseln“ für 20 oder 50 Cent. Die Krieger-Figuren sind teurer. Der Kaugummi-Automat, der an einer Hauswand in der Stuttgarter Hegelstraße hängt, ist rot und ein bisschen rostig. Nur eines ist er nicht: ungewöhnlich. So oder so ähnlich sehen die meisten Kaugummi-Automaten in Deutschland aus. Haben sie so eine Überlebenschance? Wer nach ihnen Ausschau hält, findet einige: In der Nähe von Supermärkten, in Wohnvierteln mit Kindern - und auf Instagram. Denn zumindest im Internet sind die Kästen inzwischen Kunstobjekt statt Kleinkram-Spender. Vor allem in Großstädten werden die Automaten auch mit Kunst gefüllt - und neu gestaltet. „Es überleben die, die kreativ sind und sich wirklich Gedanken über die Kunden von morgen machen“, sagt einer, der es wissen muss. Paul Brühl ist Geschäftsführer vom Verband der Automaten-Fachaufsteller (Vafa) im rheinländischen Langenfeld. „Die Geräte ähneln sich vom Typ her - auch die Neuen“, räumt er mit Blick auf die recht abgegriffene Optik ein. Erste Anbieter machten sich aber Gedanken über kreative Füllungen. „Manche nehmen über soziale Medien Kontakt mit den Kunden auf.“

Bunte Kugeln nur im Großhandel

Bisher dominiert Altbekanntes: Kaugummi, Spielsachen und Schmuck. „Es sind im Prinzip schon die Klassiker. Das wundert mich auch“, sagt Brühl. „Bei dem Kaugummi, den ich im Supermarkt kaufe, bekomme ich für mein Geld oft mehr. Wer als Aufsteller clever ist, setzt auf ein vernünftiges Produkt.“ Immerhin: Die knallbunten Kugeln aus dem Kasten gebe es im Supermarkt so nicht zu kaufen, nur beim Großhandel.

Inzwischen gibt es aber eine Gegenbewegung. Im Stuttgarter Westen, gar nicht weit entfernt von dem rostig-roten Klassiker, haben Kreative zwei Automaten angebracht, die frischen Wind verheißen - mit Kunst statt Kaugummi. Ab einem Euro können Passanten aus den goldfarbenen und wild bemalten Kästen teils skurrile Dinge ziehen - von Basteleien über Gedichte bis hin zu Anhängern in Zahn-Form. Auch andernorts gibt es Kunstautomaten, etwa in Potsdam und Berlin.

Dahinter stehen freilich nicht die professionellen Betreiber. Denn das Geschäft lohnt sich nur in der Masse. „Sie machen da keine Reichtümer“, sagt Brühl. Ein durchschnittlicher Kaugummi-Automat werfe im Jahr bis zu 100 Euro Umsatz ab. Für Betreiber mit weniger als 100 Automaten lohne das Geschäft nicht. Der Verband schätzt, dass es bundesweit zwischen 500 000 und 800 000 Kaugummi-Automaten gibt - und etwa 250 Aufsteller den Löwenanteil daran haben. Einige Automaten haben es schon zu einer gewissen Berühmtheit gebracht - im Internet. Denn inzwischen dienen sie immer wieder Fotografen als Kunstobjekt. Auf Instagram laden Nutzer zahlreiche Fotos der Maschinen hoch, versehen mit Hashtags wie #Kindheitserinnerung #Gutealtezeit, #Vintage oder #90er.