Zu Jahresanfang hat sich Johanna Hachtel (hier mit Bruder Gregor Hachtel) mit ihrem Strick-Unternehmen selbstständig gemacht. Foto: Eisenmann Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - In der Liederhalle wird dieser Tage Jubiläum gefeiert: Vor 25 Jahren öffnete die Designmesse „Blickfang“ in Stuttgart erstmals ihre Türen - trotz vieler Skeptiker, die dem Vorhaben wenig Chancen einräumten. Ein Irrtum, wie der schnell einsetzende Erfolg bewies. Bis Sonntag noch können sich Stilliebhaber in den Sälen auf die Pirsch nach neuen Stücken machen, 250 Designer sind vertreten.

Dass der lange Schlauch mit den beiden Holzenden als Stricknadel dient - darauf dürften beim ersten Betrachten nur wenige Besucher kommen. Für Johanna Hachtel ist das Arbeitsgerät der Marke Eigenbau jedoch zu einem ständigen Begleiter geworden. Zuerst als Hobby, dann beruflich: Die 26-Jährige aus dem Raum Stuttgart hat sich ihren Traum erfüllt und zum Jahresanfang ein Strick-Unternehmen gegründet. An diesem Freitagmorgen steht sie gemeinsam mit Bruder Gregor Hachtel an ihrem Messestand. Decken, Ponchos oder Sitzauflagen liegen aus. Alle Produkte sind aus Merinowolle gestrickt - und das zum Teil mit Nadeln, die mit 45 Millimetern die Dicke eines Besenstils aufweisen. „Gibt es größere Bettvorleger“, fragt eine Besucherin aus München interessiert und hinterlässt später eine Kontaktadresse - ein vielversprechender Auftakt für die junge Designerin. „Früher war ich oft als Besucherin auf der Blickfang“, gesteht Hachtel. „Und deshalb wollte ich auch unbedingt hier dabei sein.“ So sehr, dass die Anmeldung zur Messe vor der eigentlichen Unternehmensgründung im Januar erfolgte.

Ein Mann, der viele solche Geschichten erzählen könnte, ist Dieter Hofmann. Vor 25 Jahren rief der in Stuttgart lebende Veranstalter die Messe ins Leben. Damals wurde er viel belächelt. Nichtsdestotrotz: Sein Konzept, Designer und Endkunden zusammenzuführen, setzte sich durch. „Ich kenne die Macher hinter den Produkten, ich kann zu den Entwürfen eine Geschichte erzählen“, versucht er, das Erfolgsrezept in Worte zu fassen. Heute gibt es „Blickfang“-Messen in sieben Städten - darunter in Wien, Basel, Hamburg oder Zürich. Vielleicht, sinniert Hofmann, habe Design früher auch einen elitäreren Anspruch gehabt.

Wenig elitär ist die Idee der Stuttgarter Firma „dot on“. Sie setzen auf Klebepunkte in 40 Farben. Aus diesen entstehen Kompositionen, die - mit etwas Abstand - zu einem neuen Gesamtbild verschmelzen. Vom Selbstporträt bis zum Werk des Lieblingskünstlers ist mit hunderten bis tausenden Punkten alles möglich. „Es ist vergleichbar mit dem Ausmalbuch für Erwachsene“, zeigt sich Julia Habermaier überzeugt. „Aber Kleben macht natürlich noch viel mehr Spaß.“ Zu den Newcomern auf der Messe gehört auch Emile von Hoogdalem. Der am Bodensee ansässige Designer hat es geschafft, Lampen aus Esche zu entwerfen. „Ein bis zwei Millimeter darf das Holz dick sein, sonst scheint nichts durch.“

Besonderer Besuch kommt an diesem Freitag aus Hamburg. Marcel Besau und Eva Marguerre sind trotz ihrer jungen Karriere beruflich dort angekommen, wo viele der Jungdesigner noch hin wollen: Das Designer-Duo hat die vor wenigen Wochen eröffnete Elbphilharmonie mit Möbeln ausgestattet und für seine Arbeit renommierte Preise eingeheimst. Für das Jubiläum der „Blickfang“ waren beide ebenfalls aktiv: Für ein Tischtuch, das die Festtafel ziert, habe man laut Besau ein Computerprogramm geschrieben, das die Prinzipien der Aquarellmalerei sowie ihre Verwendung von Farben und Pigmenten digital umsetzt - ein weiterer Blickfang auf der „Blickfang“.

Die Messe „Blickfang“ ist heute von 11 bis 20 Uhr sowie morgen von 11 bis 18 Uhr in der Liederhalle geöffnet. Die Tageskarte kostet 12 Euro, ermäßigt 8 Euro, Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt.