Nicola Maria (links) und Mechta sind zwei von noch 50 in Stuttgart lebenden Ordensschwestern. Foto: Katholisches Stadtdekanat Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - Vor 150 Jahren sind die ersten zwei Schwestern aus dem Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul nach Stuttgart entsandt worden. Noch heute führen zwei Ordensfrauen ein klösterliches Leben in der Königstraße: Oben beten Schwester Nicola Maria und Schwester Mechta, während unten in der Königstraße die Menschen auf Einkaufstour durch die Fußgängerzone hetzen. Im vierten Stock des Hauses der katholischen Kirche wird stille Einkehr gehalten, während ebenerdig der Lärm von Stuttgarts wichtigster Einkaufsstraße brandet.

Im Wohnzimmer der beiden Ordensschwestern hängt ein großes Kreuz, nicht weit entfernt steht eine Statue des Heiligen Vinzenz von Paul. Damit sind die Autoritäten, die in der Ordensgemeinschaft zählen, für jeden Besucher deutlich sichtbar. Die Frauen haben im Mutterhaus in Untermarchtal vor vielen Jahren ein Gelübde abgelegt. Sie haben sich zu einem Leben in Demut, Armut und Ehelosigkeit, „um des Himmelreichs willen und zum Dienst an den Menschen verpflichtet“, wie es auf der Internetseite des Ordens heißt. Für die 54 Jahre alte Schwester Nicola Maria Schmitt, die dem kleinen Konvent vorsteht, ist klar: „Zu irgendeinem Zeitpunkt hat sich eine Liebe zu Gott und zu Christi entzündet, die man genauso wenig begründen kann wie die Liebe zu einem Mann.“

Mit dem Gelübde verbunden ist ein Tagesablauf, den die zwei Ordensschwestern gewissenhaft pflegen. Morgens treffen sie sich vor dem Frühstück zum gemeinsamen Morgenlob, abends wird die Vesper gebetet, bevor sie sich zu Tisch setzen. „Ich brauche das kurze Innehalten, das Gefühl, den Tag an den Herrgott abgeben zu können, wenn ich von meiner Arbeit nach Hause komme“, erzählt Schwester Nicola Maria. Innere Einkehr und stilles Gebet gehören zum Alltag der zwei Vinzentinerinnen, von der Welt abgewandt leben die Ordensfrauen dennoch nicht.

Während Schwester Nicola Maria im Informationszentrum der katholischen Kirche arbeitet, engagiert sich die 75 Jahre alte Schwester Mechta Teufel ehrenamtlich in der Bahnhofsmission, im Obdachlosentreff der Caritas und im Prostituiertentreff La Strada, wo sie sich, wie sie sagt, „die seelischen Schmerzen“ der Frauen anhört. Und wo sie dafür sorgt, dass die zumeist aus Osteuropa stammenden Frauen, wenn sie nach Hause zu Kindern und Familie fahren, „auch etwas mitbringen können“.

50 Vinzentinerinnen sind es noch, die heute in Stuttgart leben. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren es 150 Schwestern, die im Marienhospital als Krankenschwestern oder in den Gemeinden gearbeitet haben. „Wir werden weniger, aber wir haben in unserem Orden immer auch junge Frauen, die dazukommen“, erzählt Schwester Nicola Maria.

Anlässlich des Jubiläums hat die 54-Jährige nach der Lebensgeschichte der ersten beiden Vinzentinerinnen gesucht, die am 31. Januar 1866 zur Krankenpflege nach Stuttgart entsandt worden sind. Für die Ordensfrauen damals war vor allem die Anfangszeit schwierig, wie die Aufzeichnungen von Schwester Salesia deutlich machen: „Wir bekamen längere Zeit fast keine Kranken. Das einzige, was Gott von uns verlangte, war die Besorgung unseres Hauswesens, Nähen für Arme und das Ertragen vieler Spöttereien und Schimpfreden auf den Straßen.“ Die Kranken freilich blieben nicht lange aus, schon ein paar Jahre später entstand ein konfessionelles Krankenhaus in der Silberburgstraße im Stuttgarter Westen, der Vorläufer des heutigen Marienhospitals, dessen Träger die Vinzenz von Paul Gesellschaft ist.

In der Pflege arbeitet derzeit keine Schwester mehr, viele der betagten Ordensfrauen aber helfen ehrenamtlich in dem Krankenhaus mit, beispielsweise bei den Sitzwachen und in der Patientenbegleitung. Spott und Beleidigungen sehen sich die Schwestern auch heute noch ausgesetzt. „Für manche Menschen ist es schwierig, mit unserer Religiosität umzugehen“, sagt Nicola Maria Schmitt.