Heinrich Hermann hat für sein weniges Hab und Gut nun eine sichere Aufbewahrungsmöglichkeit. Foto: Caritasverband Stuttgart Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - Wohin mit dem wenigen Hab und Gut? Diese Frage stellt sich für viele wohnungslose Menschen in Stuttgart. Ein Pilotprojekt des Caritasverbandes für Stuttgart eröffnet ihnen nun die Möglichkeit, persönliche Dinge sicher zu deponieren. Im Hof der Tagesstätte in der Olga-straße wurden neun Gepäckschließfächer installiert. Es sollen nicht die Einzigen bleiben.

Der Alltag auf der Straße ist von vielen Schwierigkeiten geprägt. Schlafen, Essen, Trinken oder Körperhygiene werden ohne ein festes Zuhause zur Herausforderung. Selbst die sichere Unterbringung des kargen Besitzes stellt oft ein Problem dar - besonders bei Behördengängen oder der Wohnungs- und Arbeitssuche wäre es für die Betroffenen ein Vorteil, sich ohne belastendes Gepäck bewegen zu können.

Dass er diese Möglichkeit nun hat, ist für Heinrich Hermann „einfach wunderbar“. Seit wenigen Tagen hält der 59-Jährige den Schlüssel für eines der Schließfächer in der Hand. Dort kann er jederzeit seinen großen, schweren Rucksack mit Isomatte und Schlafsack deponieren. Für ihn ist das 55 mal 60 mal 90 Zentimeter große Schließfach „ein kleines Stück Heimat“ - aus gutem Grund nennt die Caritas deshalb ihr Projekt „Kleine Heimaten“. Den Schlüssel für eine der Metallboxen, die zumeist tageweise, manchmal aber auch etwas länger zur Verfügung gestellt werden, erhalten die Wohnsitzlosen in der Tagesstätte. Dort müssen sie ihn auch wieder abgeben, wenn sie das Fach räumen.

Die wetterfeste Schließanlage im Fahrradhof der Tagesstätte für obdachlose Menschen wurde von Häftlingen in der Schlosserei der Justizvollzugsanstalt Heilbronn hergestellt. Möglich wurde der Bau der neun Fächer durch die Möhler-Stiftung für Menschen in Not, die einen Großteil zur Finanzierung des Projekts beisteuerte.

In der Olgastraße habe man viele Jahre schon die Idee von Schließfächern für obdachlose Menschen im Kopf gehabt, berichtet Harald Wohlmann, Fachdienstleiter im Caritasverband. Über einen Antrag bei der Caritas Gemeinschaftsstiftung brachte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Heinz Wolf, die Tagesstätte schließlich in Kontakt mit der Möhler-Stiftung. Dort stieß das Ansinnen der Caritas sofort auf offene Ohren. Ulrike und Thomas Möhler, Tochter und Sohn des Stifterehepaars Ingrid und Klaus Möhler, initiierten zusammen mit der BW-Bank ein sogenanntes Crowdfunding. Über die sozialen Netzwerke wurden Beträge ab fünf Euro eingeworben - zum Schluss kamen rund 5000 Euro zusammen. Die restlichen 3000 Euro für das Projekt stammen von Spendern der Caritas.

Erklärter Wunsch des Wohlfahrtsverbandes ist es, in naher Zukunft weitere Schließfächer im Stadtgebiet zu installieren - geeignete Standorte dafür gebe es. Und der Bedarf sei groß, heißt es: In Stuttgart gibt es rund 3500 Menschen ohne festen Wohnsitz, etwa 100 davon leben auf der Straße. Sie sind auf Anlaufstellen und Notquartiere angewiesen.