Der Feuerwehrmann Thorsten Konrad zeigte Zivilcourage. Außerhalb seiner Dienstzeit zog er einen 29-Jährigen aus einem brennenden Auto. Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Kurz nach 11 Uhr war es gestern auf dem Flughafen Stuttgart soweit: Das erste emissionsfreie Passagierflugzeug der Welt, angetrieben mit Brennstoffzellen und Batterien, hob beinahe lautlos zu einem zehnminütigen Rundflug über Leinfelden-Echterdingen ab. Wenig später landeten die beiden Piloten den Prototypen wieder sicher. Applaus gab es nicht an Bord. Die beiden Fluggäste waren Dummys - noch.

Die Daten des 1,5 Tonnen schweren E-Flugzeuges klingen noch nicht wirklich beeindruckend: Es bietet insgesamt Platz für vier Personen, erreicht eine Reisegeschwindigkeit von 145 Kilometern pro Stunde und hat eine Reichweite von rund 700 Kilometern. Auch mit einem Spitzentempo von 200 und einer Zuladung von 350 Kilogramm könnte die HY4 in einem Autoquartett wohl nur die wenigsten Karten ausstechen. Doch das wird sich bald ändern. „Denkbar ist, dass wir schon in zehn Jahren bis zu acht Passagiere rund doppelt so schnell befördern können“, sagt Josef Kallo, Projektleiter im Deutschen Zentrum (DLR) und Professor an der Universität Ulm. „Und in 25 Jahren könnte der Flieger schon 40 Sitze haben und mit 450 Kilometern pro Stunde unterwegs sein.“ Das sei aus heutiger Sicht vorerst die Grenze des Machbaren. „Das Flugzeug hat das Potenzial, als Lufttaxi eingesetzt zu werden. Große Maschinen werden auf absehbare Zeit noch mit konventionellen Antrieben fliegen, kleine Passagierflugzeuge wie die HY4 können jedoch sehr bald im Regionalverkehr eine schnelle Alternative zu bestehenden Transportmitteln bieten.“ Beispielsweise auf kurzen Strecken wie von Stuttgart nach Friedrichshafen oder zur Verbindung von kleineren Flughäfen mit den großen Drehkreuzen.

Der Elektromotor des Hybridflugzeugs, der den Propeller antreibt, wird im Reiseflug über eine Brennstoffzelle versorgt. Dabei wird Wasserstoff und Luftsauerstoff in elektrische Energie umgewandelt. Als einziges Abfallprodukt entsteht dabei Wasser. Beim Start und bei Steigflügen wird eine Hochleistungsbatterie, ein Lithium-Ionen-Akku, zugeschaltet.

Der Flieger mit einer Spannweite von 21 Metern, zwei jeweils zweisitzigen Kabinen und einem großen Propeller in der Mitte ist aus Sicht des DLR und des Flughafen Stuttgart ein wichtiger Schritt hin zum sauberen und leisen Fliegen. „Das Projekt dient dazu, die Effizienz und Zuverlässigkeit der Antriebstechnik stetig zu verbessern und sie so für den Passagiertransport zu erproben.“ Er sei froh, dass man jetzt von den Labortests in die Praxis gehen dürfe. Wobei er zugibt, dass man nicht ganz unvorbereitet an den gestrigen Jungfernflug gegangen ist. Zuvor habe man erste kurze Erprobungsflüge beim Flugzeugbauer Pipistrel in Slowenien durchgeführt. Er ist neben den Brennstoffzellenexperten Hydrogenics und der Universität Ulm wissenschaftlicher Partner des DLR-Ableger H2FLY.

In einem Wettrennen mit anderen Technologien sieht sich Kallo indes nicht. „Wir werden alle Konzepte brauchen, um das Fliegen leiser und sparsamer zu machen.“ Eines der größten Probleme bei der Entwicklung des Prototypen sei gewesen, genügend Gelder zu sammeln. „Man merkt jedoch, dass der Druck steigt, auch in der Luft sauberer zu werden.“ Der Landesflughafen unterstützt das Forschungsprojekt beispielsweise mit 180 000 Euro und ist damit einer der größten Förderer.

„Nachhaltige Mobilität treibt uns an und passt zu unserem Umweltkonzept“, sagt Georg Fundel, Geschäftsführer der Flughafen Stuttgart GmbH. Noch seien die Brennstoffzellen zu teuer. Hier müsse man einen Vertrieb aufziehen und so den Preis senken. Darüber hinaus ist die Reisegeschwindigkeit ein Problem. „Die Entwicklung geht aber weiter.“ Wie zeigt der Blick zurück: Vor sieben Jahren ist das ebenfalls mit Wasserstoff betriebene Vorgängermodell der HY4 nach einem Höhenrekordversuch in Stuttgart gelandet. Während in dem Flieger damals noch kein Platz für Passagiere war, rechnet der Airport-Chef damit, dass die Technik schon in fünf Jahren als Nischenprodukt „normalen“ Fluggästen zur Verfügung stehen könnte. Sowohl für reiche Privatleute, aber auch für Unternehmen sei es eine tolle Alternative, um mit gutem Gewissen zu fliegen.