Von Sabrina Erben
Stuttgart – Genau gegenüber von der großen ARD-Bühne stehen Hans-Jürgen Duggen und seine Frau Brigitte. Das Ehepaar aus Schleswig will Privatanlegern Häuser in Norwegen als Kapitalanlage schmackhaft machen. Der kleine Stand ist tapeziert mit idyllischen Landschaftsbildern. Die Duggens besitzen selbst ein Ferienhaus in Norwegen, nun suchen sie im Auftrag eines Investors nach Käufern. „Wir sind das erste Mal auf der Messe, das Interesse ist wirklich groß“, sagt Brigitte Duggen. 270 000 Euro kostet ein Ferienhaus in Vradal. Eine jährliche Wertsteigerung von 15 Prozent und eine Rendite von acht Prozent durch Mieteinnahmen sei möglich.
Eine ungewöhnliche Anlage wie Ferienhäuser in Norwegen oder doch lieber klassisches Gold als Mozart-Anlagemünze? Wie soll man sein Geld investieren, welche Anlageklassen sind sicher? Hält der Höhenflug an den Aktienmärkten denn noch weiter an? Auf diese vielen Fragen erhoffen sich Anleger Antworten auf der Messe Invest in Stuttgart, die noch bis Samstag läuft. Bereits zum 18. Mal findet sie statt, im vergangenen Jahr waren knapp 12 000 Besucher dort. Das Interesse an Finanzthemen ist – so der Stuttgarter Börsenchef Michael Völter – auch notwendig: „Wer nicht an den Kapitalmärkten agiert, kann kaum Vermögenswachstum erzielen.“ Nach wie vor sei das Sparbuch die „Königsdisziplin“ der Deutschen, die Gesellschaft könne sich „eine solche Einseitigkeit nicht leisten“.
Wind, Holz oder Kakao
137 Aussteller präsentieren sich dieses Jahr auf der Messe Invest. Auch über Trendthemen wie FinTech oder nachhaltige Investments können sich die Besucher vertraut machen. Vor der Halle 4 gibt es bereits zum zweiten Mal die Messe „Grünes Geld“. 20 Aussteller informieren über Investments mit „Sinn und Rendite“. Man kann in Windkraft investieren, in Holz oder auch Kakao. „Der Geldwert basiert auf nachwachsenden Rohstoffen“, erklärt eine Frau am Stand von Forest Finance, einem Anbieter von Wald-Direktinvestments. Für die Besucher in Stuttgart gibt es Bio-Fair-Trade-Schokolade zum Mitnehmen. Der Öko-Mief scheint überwunden: Für immer mehr Anleger stellt die nachhaltige Anlage eine echte Alternative zu den traditionellen Möglichkeiten dar. 137 Milliarden Euro betrug das Volumen für nachhaltige Investments 2016 in Deutschland.
Das Gros des Geldes fließt aber nach wie vor in klassische Produkte. Einer Trendumfrage der Börse Stuttgart und des Deutschen Derivate Verbands unter 3650 Privatanlegern ergab, dass 60 Prozent der Anleger Aktien im Portfolio haben, mehr als die Hälfte bezeichnen sich als risikobereit. Nur 17 Prozent der Befragten sind beim Wertpapierverkauf sicherheitsorientiert. „Das ist nicht typisch für den deutschen Anleger“, betont Völter. Die Umfrage, deren Ergebnisse gestern auf der Invest vorgestellt wurden, zeige vielmehr, wie die Selbstentscheider unter den Privatanlegern investieren. Der typische Invest-Besucher sei ein Selbstentscheider. „Ziel muss es sein, dass es mehr Menschen gibt, die Finanzthemen gegenüber aufgeschlossen sind“, sagt Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Momentan seien allerdings höchstens fünf Prozent der Anleger sogenannte Selbstentscheider, schätzt der Professor. Wissen sei der beste Anlegerschutz, so Börsenchef Völter.
An Infomaterial mangelt es auf der Invest nicht. Die Commerzbank, mit dem größten Stand auf der Messe vertreten, verteilt Prospekte an die Anleger zum Thema „Das große 1x1 der ETFs“. Neben Infoständen von Aktionärsvertretungen, Banken, Bausparkassen und Finanzdienstleistern gibt es jede Menge Vorträge, Interviews und Diskussionsrunden. Beim Online-Broker „Activ-Trades“ analysiert ein Händler Live-Basiswerte vor dem Publikum.
Die Experten auf der Messe raten auch weiterhin zu Investments in Aktien, auch wenn die Börsenkurse in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Allerdings betont Burghof: „Auf lange Sicht investieren und nur, wenn das Portfolio diversifiziert ist.“
Mehr Informationen gibt es unter www.messe-stuttgart.de