Quelle: Unbekannt

Von Hermann Neu

Stuttgart - Die grün-schwarze Landesregierung will bei Feinstaubalarm in Stuttgart bereits von 2018 an Fahrverbote für Dieselautos, die die Bestimmungen der Norm Euro 6 nicht erfüllen. Das Ziel der bundesweiten Einführung der Blauen Plakette verfolgt das Land weiter, auch wenn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bremst.

Von Fahrverboten wären zehntausende Autos betroffen, Euro 6 ist erst seit September 2015 für neue Pkw verbindlich. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) informierten gestern in Stuttgart über den Kabinettsbeschluss für die Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart, dem ein Konflikt in der Koalition von Grünen und CDU vorausgegangen war. Dazu erklärte Hermann, der von der CDU geforderte Nordostring zur Umfahrung Stuttgarts sei in 58 Jahren Regierungszeit der Union nicht realisiert worden. Zudem könne man den Bundesverkehrswegeplan „nicht über einen Luftreinhalteplan aushebeln“.

In Stuttgart gab es in diesem Jahr vor allem aufgrund von Inversionswetterlagen bereits an 31 Tagen Feinstaubalarm. Dies ist bei mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft der Fall. Laut den EU-Bestimmungen darf es aber im ganzen Jahr maximal an 35 Tagen Feinstaubalarm geben.

Der Regierungschef betonte, die Blaue Plakette für Euro 6 sei gegen Stickoxide und Feinstaub die wirksamste Maßnahme. Es gehe aber „um noch mehr als um Luftreinhaltung“. Die Blaue Plakette sei gleichzeitig auch ein Signal: „Es gibt den sauberen Diesel.“ Auch aus Gründen des Klimaschutzes seien saubere Diesel wegen ihrer Sparsamkeit nötig. Nicht zuletzt seien allein bei Bosch 15 000 Arbeitsplätze vom Dieselantrieb abhängig. Die Alternative zum Konzept der Landesregierung sei: „Wir lassen uns von den Gerichten verpflichten.“ Von Verboten will Kretschmann nicht reden. „Hier wird gesteuert und gelenkt.“ Hermann verwies auf ein im Auftrag des Stuttgarter Regierungspräsidiums erstelltes Gutachten, bei dem ein Bündel von Maßnahmen durchgerechnet wurde. Mit der Reduzierung von Feinstaub und Stickoxiden um 90 Prozent bringe die Blaue Plakette den größten Effekt.

Laut dem Minister fordert das Land auf Bundesebene weiterhin die Blaue Plakette, damit Verkehrsbeschränkungen bei schadstoffbelasteter Luft auf Basis des etablierten Plakettensystems umgesetzt werden können. Dauerhafte blaue Umweltzonen sollten eingerichtet werden, wenn 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit Benzin- und Dieselantrieb die Anforderungen der neuen Plakette erfüllen. Dies werde voraussichtlich ab 2020 der Fall sein. Aktuell sind in Stuttgart 107 000 Dieselfahrzeuge zugelassen, 73 000 davon schaffen die Abgasnorm Euro 6 nicht. Hinzu kommen die Fahrzeuge von Pendlern. Solange es die bundesweite Blaue Plakette nicht gebe, sollten die lokalen Beschränkungen an Feinstaubtagen ab 2018 für alle Diesel unterhalb von Euro 6 gelten. Dies gehe - ausdrücklich „auf Vorschlag des Bundesministers Dobrindt“, teilte die Landesregierung mit. Noch nicht besprochen sind Ausnahmen etwa für Lieferdienste, Anrainer oder Härtefälle. Seite 5