Der frühere VfB-Profi und Nationalspieler Walter Kelsch sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert.Archiv Foto: Herbert Rudel Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - Der frühere Fußballprofi des VfB Stuttgart, Walter Kelsch, ist offenbar auf die schiefe Bahn geraten. Wie gestern bekannt wurde, wird der 60-Jährige mit umfangreichen Drogengeschäften im Internet in Verbindung gebracht. Er wurde bereits Mitte April in Stuttgart festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft.

Wie Markus Heusler, Sprecher der Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden, gestern bestätigte, wurde Kelsch am 14. April von SEK-Kräften in einer Wohnung in Degerloch festgenommen, die seiner Ex-Frau gehören soll. Der Zugriff erfolgte im Rahmen einer groß angelegten Razzia, bei der die Fahnder den nach eigenen Angaben bundesweit größten illegalen Internetshop für Drogen zerschlagen haben. Zu weiteren Festnahmen kam es in Rülzheim (Rheinland-Pfalz) und in Weissach (Baden-Württemberg), insgesamt sitzen fünf Männer im Alter von 21 bis 60 Jahren wegen Verdunklungs- und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.

Im Keller eines der Festgenommenen in Rülzheim stellten die Beamten 54 Kilogramm Amphetamine, vier Kilogramm Heroin, 1,3 Kilogramm Kokain und 25 000 Ecstasy-Tabletten sicher. Die mutmaßliche Bande namens „Chemical-Love“ soll das Rauschgift seit Mai 2015 sowohl im offenen Internet als auch im sogenannten Darknet angeboten haben. Die Drogen wurden demnach wie bei einem normalen Online-Shop mit einzelnen Bildchen angeboten und konnten per Mausklick bestellt werden. Mehr als 1500 Verkäufe seien per Postversand für insgesamt mindestens 1,3 Millionen Euro abgewickelt worden. Pro Tag gingen den Angaben zufolge bis zu 50 Postsendungen raus. Als Bezahlung sei ausschließlich die Cyber-Währung Bitcoin akzeptiert worden.

Neben den Festgenommenen gibt es vier weitere Beschuldigte - je zwei Männer und Frauen. In den Niederlanden und in Bulgarien beschlagnahmte die Polizei mehrere Server. In der Wohnung in Degerloch seien mehrere Speichermedien und Unterlagen sichergestellt worden, so Heusler. Kelsch sitzt bis auf weiteres in der JVA Stammheim. Zunächst nahmen spezielle Fahnder der Polizei in Hannover und Beamte der Zentralstelle für Internetkriminalität der Staatsanwaltschaft Verden den Online-Shop unter die Lupe, weil die mutmaßlichen Tatorte anfangs noch unklar waren. Mittlerweile ist die Landeszentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz in Zusammenarbeit mit der Polizei Hannover zuständig.

Die mutmaßlichen Verwicklungen in den Online-Drogenhandel sind nicht die einzigen schweren Vorwürfe, denen sich Kelsch ausgesetzt sieht. Der 60-Jährige, der nach seiner Fußballerkarriere eine Versicherungsagentur geleitet hat, soll sich angeblich mit Immobiliengeschäften verspekuliert und daraufhin Geschäftsfreunde und Bekannte um Geld angepumpt haben. Mehrere Personen werfen Kelsch vor, große Summen, die sie ihm zur Anlage anvertraut haben, nicht zurückerhalten zu haben. Die Rede ist von Beträgen, die sich auf mehrere Millionen Euro summieren. „Seit dem Jahr 2014 läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Anlagebetrugs in mehreren Fällen“, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Jan Holzner, gestern. Es gehe um eine Gesamtsumme „in sechsstelliger Höhe“. Derzeit sei offen, wie lange die Ermittlungen noch andauern. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart werde sich nun mit den Kollegen in Verden austauschen, um zu prüfen, ob es etwaige Überschneidungen bei den beiden Verfahren gebe.

Kelsch bestritt in seiner Profi-Laufbahn 246 Bundesligaspiele, davon 44 für den FC Homburg und 202 für den VfB Stuttgart, mit dem er 1984 Meister wurde. Als Nationalspieler brachte es der gelernte Grafikdesigner auf vier Länderspiele und drei Tore. In den Jahren 2007 und 2008 war Kelsch Präsidiumsmitglied bei den Stuttgarter Kickers, bei denen er seine Profikarriere begonnen hatte.