Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Über die Sparsamkeit von Robert Bosch kursiert manche Anekdote, deren Wahrheitsgehalt nach Jahrzehnten schwer zu beurteilen ist. Die bekannteste dürfte jene von der Büroklammer sein, die der Stuttgarter Unternehmer auf einem seiner Rundgänge durch die Fabrik vom Fußboden aufhebt und sie einem Mitarbeiter unter die Nase hält. „Was ist das“, will er von dem eingeschüchterten Mann wissen. Dessen Antwort „eine Büroklammer“ kontert er mit dem Vorwurf: „Was dappsch du auf meim Geld rum, des han i ja zahlt.“ Um einer Rüge wegen Verschwendung zu entgehen, wird auch manches Licht schnell gelöscht, bevor der Firmengründer die Niederlassung betritt. Als der Unternehmer im Alter von 81 Jahren am 12. März 1942 an den Folgen einer Mittelohrentzündung stirbt, hat er Geschichte geschrieben - als Gründer eines weltweit agierenden, erfolgreichen Technologie- und Dienstleistungsunternehmens. Beerdigt wird er auf dem Waldfriedhof, wo morgen zu seinen Ehren ein Kranz niedergelegt wird.

Robert Bosch wird als elftes von zwölf Kindern in Albeck bei Ulm geboren. Seine Schulzeit ist für ihn nicht nur mit angenehmen Erinnerungen verbunden. Es habe ihm an „Sitzfleisch und Ehrgeiz“ gefehlt, wird er später selbstkritisch festhalten. Statt das Gymnasium zu besuchen, beginnt er lieber eine Lehre als Feinmechaniker. Es folgen Boschs „Wanderjahre“, in denen er in Städten wie Köln, Stuttgart oder Nürnberg bei verschiedenen Unternehmen tätig ist. Im Winter 1883 schreibt er sich - trotz fehlender Vorkenntnisse - als Gasthörer an der Technischen Hochschule in Stuttgart ein. Ein Jahr später reist er nach New York und arbeitet dort in einer Fabrik der Edison-Gesellschaft. Auch dieser Abschnitt bleibt nur eine kurze Episode: Zu Weihnachten 1885 kehrt Bosch nach Deutschland zurück und verlobt sich in Obertürkheim mit Anna Kayser, der Schwester seines Freundes. In einem Hinterhaus in der Rotebühlstraße gründet der Technikfan ein Jahr später die „Werkstätte für Feinmechanik & Elektrotechnik“, die sich in den Folgejahren zu einem international tätigen Unternehmen entwickelt. Auch dank seiner Erfindungen. Dazu zählt die „Bosch-Zündkerze“, die eine zuverlässige Zündung des Benzin-Luft-Gemisches in Verbrennungsmotoren gewährleistet und damit dem Automobil mit zum Durchbruch verhilft. Das Horn und der Scheibenwischer gehen ebenfalls auf Bosch zurück.

In New York eröffnet er ein Büro, die Zahl der Mitarbeiter wächst - genau wie das Vermögen. 1911 bezieht Bosch ein herrschaftliches Gebäude auf der Gänsheide, das nicht zuletzt repräsentative Zwecke erfüllen soll. Ausschlaggebend für den Umzug sollen die weiblichen Familienmitglieder gewesen sein. Mit Gattin Anna hat er drei Töchter und einen Sohn, der 1921 an Multipler Sklerose stirbt. Die Ehe scheitert. 1927 heiratet Robert Bosch erneut: Mit Opernsängerin Margarete Wörz bekommt er zwei weitere Kinder. Heute ist das Robert-Bosch-Haus auf der Gänsheide Sitz der gleichnamigen Stiftung, die sich für Themen wie Bildung, Kultur, Gesundheit und Völkerverständigung einsetzt.

Nicht nur wegen seines Geschicks und Einfallsreichtums hob sich Robert Bosch von anderen Unternehmern seiner Zeit ab. Auch effiziente und soziale Arbeitsbedingungen sind für ihn entscheidend. Bosch führt 1906 in seinen Betrieben den Acht-Stunden-Tag ein, es folgen der freie Samstagnachmittag und eine Regelung für Urlaub. Die Löhne sind vergleichsweise hoch. Auch auf eine gute Belüftung der Räumlichkeiten wird wert gelegt. Zu seinem 75. Geburtstag stiftet der begeisterte Anhänger der Homöopathie das nach ihm benannte Krankenhaus auf dem Burgholzhof, das 1940 eröffnet wird. Zu diesem Zeitpunkt hat er sich längst aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Den von den Nationalsozialisten propagierten Antisemitismus lehnt er ab und hilft bei der Rettung verfolgter Juden. Dass sein Unternehmen in die Rüstungspolitik des Dritten Reiches einbezogen wird - auch Tausende Zwangsarbeiter werden dafür beschäftigt -, überschattet die letzten Lebensjahre des Firmengründers.

Es gibt übrigens noch eine Legende, die über die Familie erzählt wird: Nach dem Zweiten Weltkrieg ist vom einstigen Mobiliar des Hauses nur noch wenig vorhanden. Ein Möbelstück wird jedoch nach vielen Jahren an seinen ursprünglichen Standort zurückkehren: das eigens angefertigte Büfett im Speisezimmer. Dieses wird angeblich im Wohnzimmer einer Blumenhändlerin entdeckt und für einen sehr ansehnlichen Betrag zurückgekauft. So ansehnlich, dass die Summe es der Frau ermöglicht, ein Jahr auf Weltreise zu gehen. Auch der Wahrheitsgehalt dieser Geschichte ist schwer zu beurteilen. Gut klingt sie jedoch allemal.