Fred Breinersdorfer Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Roland Böhm

Berlin/Stuttgart - „Ganz klar: Sophie Scholl.“ Fragt man Fred Breinersdorfer nach dem Highlight seines Schaffens als Drehbuchautor, muss der Wahlberliner nicht lange überlegen. Sein erster Kinofilm nach fast 60 TV-Drehbüchern war 2006 in Hollywood sogar für den Auslands-Oscar nominiert. Mit dem Drama „Elser“ über einen Widerstandskämpfer und „Das Tagebuch der Anne Frank“ zählt „Sophie Scholl. Die letzten Tage“ zu den Filmen, die am meisten über den zunächst als Krimi-Autor bekannt gewordenen Breinersdorfer sagen. Heute feiert der gebürtige Mannheimer seinen 70. Geburtstag.

„Meine Eltern waren Nazis bis zum letzten Tag“, erzählt der Jubilar. Wegen der Politik seien daheim häufig mal die Fetzen geflogen. „Mein Vater hielt mich für politisch abartig.“ Niemals habe er verstanden, dass seine Eltern „nicht wenigstens in der Rückschau sagen konnten: Es waren Verbrechen - und wir sind mitschuldig“. Er studierte in Mainz und Tübingen Jura und Soziologie, promovierte zum Thema „Gleichheit der Bildungschancen in Deutschland“.

Breinersdorfers Hang zum politischen Engagement gipfelt 1994 in einer Kandidatur für den Bundestag - für die SPD in Stuttgart, wo er 17 Jahre lang als Rechtsanwalt praktizierte. In diese Zeit fallen auch seine ersten Erfolge als Drehbuchautor. 1980 erscheint sein erster Krimi mit dem schwäbischen Junganwalt Jean Abel. Später werden 20 Teile der Reihe für das ZDF verfilmt. 1984 zeichnet Breinersdorfer erstmals für einen ARD-„Tatort“ mitverantwortlich. In „Zweierlei Blut“ ermittelt Götz George als legendärer Kommissar Schimanski. Für verschiedene ARD-Sender entstehen 20 Produktionen - immer mit dem Wort „Fieber“ im Titel. Für den dokumentarischen Kriminalroman „Der Hammermörder“ erhält Breinersdorfer 1991 den Adolf-Grimme-Preis.

Breinersdorfer setze immer wieder auch öffentlich seine ganze Persönlichkeit im Kampf um die gerechte Sache ein, heißt es beim Verband Deutscher Drehbuchautoren - „nicht zuletzt bei der großen Frage, wie im Zeitalter der Digitalisierung auch zukünftig geistige Werke geschützt werden können“. Breinersdorfers Drehbücher stellten Menschen ins Zentrum, „die mutig und gegen massive gesellschaftliche Widerstände ihre Meinung vertreten“. Er engagiert sich in etlichen Verbänden, ist Honorarprofessor, wird vielfach geehrt.

Widerstand in der Nazi-Zeit und Krimis - für Breinersdorfer liegen seine beiden Hauptthemen gar nicht so weit auseinender. „Beides befasst sich mit dem Entstehen von Gewalt - individuell und im Kollektiv.“ Die meisten Massenmörder aus den KZs seien nach dem Zusammenbruch des Naziregimes wieder biedere Bürger gewesen.

Breinersdorfers Weg führt von Stuttgart über München, wo er damals das „Epizentrum des deutschen Films“ erkannte, nach Berlin. Zum Ausgleich malt er, fotografiert gerne. Vom Marathonlaufen ist er inzwischen aufs Walken umgestiegen. Sohn Julian ist Architekt, mit Tochter Léonie-Claire, ebenfalls Anwältin und Drehbuchautorin, hat er schon zusammen gearbeitet, etwa an „Elser“. Sie und drei Enkel bleiben sein Bezug nach Stuttgart. Und welche Filmpläne gibt es? Er verrät nur so viel: „In Fernsehserien kann man viel epischer erzählen als im Kino, weil man einfach mehr Zeit hat.“