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Von Sabrina Erben und unseren Korrespondenten

Nürnberg/Stuttgart - In Deutschland waren im November so wenige Menschen arbeitslos wie zuletzt vor 25 Jahren. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren 2,532 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit. Das sind 101 000 weniger als vor einem Jahr, wie die Behörde gestern in Nürnberg mitteilte. In Stuttgart sank die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit 16 Jahren.

Auch die Arbeitslosigkeit im Südwesten ist im November zurückgegangen. Die Quote lag bei 3,6 Prozent nach 3,7 Prozent im Vorjahr, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart mitteilte. In der Landeshauptstadt Stuttgart sank die Quote um 0,1 Punkte auf 5,0 Prozent. „Seit dem Jahr 2000 war die Quote nicht mehr so niedrig“, sagte ein Sprecher der Arbeitsagentur. 16 379 Frauen und Männer waren im November in Stuttgart arbeitslos gemeldet, das waren 678 weniger als vor einem Jahr. „Dieses gute Ergebnis rührt von der bisher milden Witterung, aber auch die wetterunabhängigen Branchen sprachen weniger Kündigungen aus“, sagte Petra Cravaack, Chefin der Arbeitsagentur Stuttgart. Allerdings wurden nur 2125 Stellen neu gemeldet, das waren 488 weniger als im Vormonat. „Fast alle Branchen meldeten geringeren Neubedarf, nur der Handel suchte für das Weihnachtsgeschäft Unterstützung, und auch der Bereich Gesundheit und Soziales zeigt hohen Bedarf.“ Dass der Stellenmarkt zum Jahresende hin bröckelt, sei nicht ungewöhnlich. Viele Firmen machten ihre Personalentscheidungen vom Jahresergebnis abhängig. „Falls der Winter so mild ausfällt wie in den letzten Jahren, könnte auch in diesem Jahr der Jobmotor ohne Stottern weiterlaufen“, sagte Cravaack.

Bundesweit sank die Arbeitslosenquote um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent. Rechnet man Jobsucher hinzu, die Trainingsmaßnahmen und Berufsfortbildungskurse absolvierten, waren im November allerdings 3,517 Millionen Menschen auf Arbeitssuche gewesen. Das waren 41 000 mehr als vor einem Jahr, berichtete Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise. Für den Anstieg sorgten vor allem Flüchtlinge, viele von ihnen befänden sich derzeit noch in Förderkursen. Sie gelten damit offiziell als „arbeitssuchend“, nicht aber als „arbeitslos“. Dennoch ist nach Weises Einschätzung der deutsche Arbeitsmarkt weiter robust, auch die Aussichten seien günstig. „Die Zahl der Menschen, die sich bei uns wegen eines drohenden Arbeitslatzverlustes melden, ist weiter rückläufig. Das Risiko, arbeitslos zu werden, hat weiter abgenommen“, stellte der BA-Chef zufrieden fest.

Weise geht - entgegen der Prognose von Wirtschaftsweisen und Bankvolkswirten - für 2017 weiter von einer leicht sinkenden Arbeitslosigkeit aus. Im Jahresdurchschnitt rechnet er mit 2,62 Millionen Jobsuchern. Das wären rund 70 000 Erwerbslose weniger als voraussichtlich in diesem Jahr. Nicht überbewertet werden sollte nach seiner Ansicht die leichte Flaute beim Stellenangebot. Von einer Trendwende könne keine Rede sein. „Wir haben eine so hohe Beschäftigung - und psychologisch ist dann die Erwartung, das muss so weiter steigen. Aber man muss sagen, das ist ein so hohes Niveau, wie wir es noch nicht hatten.“ Laut den aktuellsten Zahlen vom September war die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in dem Monat erstmals seit längerem saisonbereinigt gesunken - um 6000. Insgesamt gab es im September 31,74 Millionen reguläre Stellen, 411 000 mehr als vor einem Jahr.

Auf das Berufsleben vorbereiten

Weise schließt nicht aus, dass auch der geplante EU-Austritt Großbritanniens Unternehmen dazu veranlasst haben könnte, bei Neueinstellungen zu zögern. Auch die angekündigte Abschottungspolitik des künftigen US-Präsidenten Donald Trump werde womöglich nicht ohne Folgen für die deutsche Wirtschaft bleiben. „Auf lange Sicht wird das sicher Effekte haben“, sagte Weise. Unterdessen werden nach Einschätzung der Bundesagentur „die Auswirkungen der Fluchtmigration auf dem Arbeitsmarkt zunehmend sichtbar“. So waren bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern im November 406 000 arbeitssuchende Flüchtlinge registriert, 160 000 davon sind als arbeitslos erfasst. Die übrigen würden noch in Kursen auf den Alltag und das Berufsleben in Deutschland vorbereitet und flössen daher zunächst noch nicht in die Arbeitslosenstatistik ein.