Den Hinweis „Feinstaubalarm“ werden die Autofahrer in den Wintermonaten wohl noch häufiger zu sehen bekommen. Archiv Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Vom 15. Oktober an kann in der Landeshauptstadt bis zum 15. April wieder Feinstaubalarm ausgerufen werden. Sechs Monate, in denen die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit erhöhten Schadstoffbelastungen rechnen. Doch warum setzen sie den kommenden Samstag eigentlich als Starttermin fest? Und kann es bereits am Wochenende zu einem Alarm kommen?

In den vergangenen Tagen lag die Feinstaub-Belastung an der Messstelle am Neckartor noch deutlich unter dem EU-Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Auch am Samstag und Sonntag geht Uwe Schickedanz, Diplom-Meteorologe beim DWD, nicht von Überschreitungen aus. „Derzeit helfen uns noch die Wolken.“ Sie verhindern eine nächtliche Abkühlung der Luft in Bodennähe und somit eine Inversionswetterlage - also, dass die oberen Luftschichten wärmer werden als die unteren. „Sobald die Wolken abziehen, wird es spannend“, so Schickedanz.

Auch wenn exakte Prognosen aufgrund des Wetterumschwungs - ab heute wird es milder - längerfristig schwierig seien, könnte es bereits nächste Woche soweit sein. Die Experten sprechen dann von austauscharmen Wetterlagen, die die Verteilung und den Abtransport der Luftschadstoffe aus dem Talkessel in die Atmosphäre verhindern. Vereinfacht gesagt, Feinstaubalarm wird ausgelöst, sobald es über einen längeren Zeitraum windstill, wolkenlos und trocken ist. Und kalt: „Im Sommer reinigen die Gewitter die Luft.“ Sie waschen sie quasi aus. Außerdem habe die Sonne genug Kraft, um den Boden zu erwärmen. Die daraus resultierende Thermik löst die Inversion schneller auf.

Daher kommt es eigentlich nur im Winterhalbjahr zu erhöhten Luftschadstoffwerten. Anhand von Erfahrungswerten der Klimatologie und Datenreihen aus den Vorjahren hat man die Feinstaubalarm-Saison vom 15. Oktober bis zum 15. April begrenzt.

Sobald der Deutsche Wetterdienst in diesem Zeitraum an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen ein stark eingeschränktes Austauschvermögen der Atmosphäre prognostiziert, löst die Stadt die Maßnahme aus. Autofahrer werden aufgerufen, ihr Fahrzeug stehen zu lassen und auf Bus und Bahn umzusteigen. Fünfmal im vergangenen Winter. An 22 Feinstaubalarm-Tagen kam es am Neckartor zu 17 Überschreitungen.

Insgesamt sei man mit den Vorhersagen sehr zufrieden, da einzelne Tage jedoch durchgerutscht sind, hat man das standardisierte Verfahren, um einen Alarm auszulösen, verfeinert. Bislang wurden unter anderem die Windgeschwindigkeit beziehungsweise fehlender Wind und nächtliche Bodeninversion zur Prognose der Belastung berücksichtigt. In der neuen Saison soll ein weiteres Kriterium für mehr Treffsicherheit sorgen: Sobald die Feinstaubkonzentration am Neckartor mehr als 30 Mikrogramm erreicht und zugleich fehlender Regen vorhergesagt wird, gilt das Austauschvermögen der Atmosphäre als stark eingeschränkt.

Bis Ende September wurden am Neckartor insgesamt 34 Überschreitungstage gemessen, 35 pro Jahr sind erlaubt. Die Stickoxidwerte liegen jetzt schon deutlich über den zulässigen Werten. Dennoch ist für den DWD der Feinstaub der Leitparameter. „Die kleinsten PM10-Partikel sind sehr toxisch. Damit ist nicht zu spaßen“, sagt Schickedanz. „Sie können nicht ausgeatmet werden, sondern setzen sich in der Lunge fest.“ Eine mögliche Folge seien Tumore.

Laut einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts sterben jedes Jahr in Deutschland doppelt so viele Menschen an den Folgen von Abgasen wie an Verkehrsunfällen. Im vergangenen Jahr kamen auf Deutschlands Straßen rund 3500 Menschen bei Unfällen ums Leben.

Die Schmutzigsten Straßen Deutschlands

Das Umweltbundesamt hat die dreckigsten Orte Deutschlands aufgelistet - bezüglich der Belastung mit den Luftschadstoffen Feinstaub und Stickstoffdioxid.

Feinstaub:

1. Stuttgart, Am Neckartor

2. Weimar, Steubenstraße

3. Berlin, Friedrichshain-Frankfurter Allee

4. Reutlingen, Lederstraße Ost

5. Markgröningen, Grabenstraße

6. Gelsenkirchen, Kurt-Schuma-cher-Straße

7. Duisburg-Bruckhausen, Kaiser-Wilhelm-Straße

8. Halle, Paracelsusstraße

9. Berlin-Neukölln, Silbersteinstraße

10. Frankfurt (Oder), Leipziger Straße

Stickstoffdioxid:

1. Stuttgart, Am Neckartor

2. München, Landshuter Allee

3. Stuttgart, Hohenheimer Straße

4. Reutlingen, Lederstraße Ost

5. Köln, Clevischer Ring 3

6. Kiel, Theodor-Heuss-Ring

7. Heilbronn, Weinsberger Straße

8. München, Stachus

9. Hamburg, Habichtstraße

10. Limburg, Schiede 28-30