Der erste Bau der „Olga-Heilanstalt“ in der Forststraße. Foto: Klinikum Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Die missglückten Auslandsgeschäfte mit Libyen und Kuwait reißen ein tiefes Loch in die Bilanz des Klinikums Stuttgart. Das Defizit für das vergangene Jahr stieg von 19,9 auf 27,6 Millionen Euro.

Wie berichtet, ist das Klinikum bei der Behandlung von rund 370 kriegsversehrten Libyern auf Forderungen in Höhe von 9,4 Millionen Euro sitzengeblieben. Dadurch stieg das Defizit des städtischen Krankenhauses bereits 2014 auf 24 Millionen Euro. Nun drohen auch noch Nachzahlungen aus dieser Kooperation: Da man die Patienten nicht nur medizinisch versorgt hatte, sondern sich die Abteilung International Unit auch um Unterbringung und Verpflegung außerhalb des Hauses kümmerte, ermitteln die Behörden wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung. Als teurer Flop entpuppt sich zudem das Geschäft mit Kuwait, wo die Stuttgarter bei der Qualifizierung von Krankenhauspersonal beratend und zum Teil auch mit Ärzten und Pflegekräften vor Ort tätig waren. Die kuwaitischen Vertragspartner wollen für die Leistungen des Klinikums jetzt aber bestenfalls nur noch reduziert zahlen.

Inzwischen lässt das Klinikum die Verträge beider Geschäfte von einer Stuttgarter Kanzlei „in strafrechtlicher, zivilrechtlicher und arbeitsrechtlicher Hinsicht“ prüfen. Dabei werde man mit den Ermittlungsbehörden kooperieren und diesen auch die Ergebnisse der internen Untersuchung zur Verfügung stellen, teilten die Stadt und das Klinikum mit. Mit dem Abschluss der Untersuchung sei noch in diesem Herbst zu rechnen.

Aufgrund der missglückten Auslandsgeschäfte sind Rückstellungen in Höhe von 7,7 Millionen Euro erforderlich. Durch diese Risikovorsorge steigt der im Wirtschaftsplan kalkulierte Fehlbetrag von 19,9 Millionen Euro auf 27,6 Millionen Euro. Weil es dem Klinikum mittlerweile an Eigenkapital mangelt, wird die Stadt als Trägerin der Einrichtung 12,5 Millionen Euro davon tragen.

„Das Klinikum hat bereits einen guten und erfolgreichen Weg der Konsolidierung eingeschlagen, aber die finanziellen Belastungen aufgrund der Versäumnisse in der International Unit werfen uns nun zurück“, räumt Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle ein. Zugleich schaut er nach vorn: Wichtig sei die lückenlose Aufklärung der Vorgänge früherer Jahre. Auch Erster Bürgermeister Michael Föll, in dessen Zuständigkeit das Klinikum ab 1. August fällt, betont: „Wir brauchen eine seriöse Betrachtung der Arbeit in der International Unit. Mangelnde Transparenz und übertriebene Erlösprognosen müssen der Vergangenheit angehören.“ Beide Bürgermeister sind sich einig, dass die International Unit neu aufgestellt werden muss - „rechtlich sicher und auf der Basis realistischer Fallzahlen“.

Die Auslandsabteilung aufzulösen, steht nicht zur Disposition. „Wir sind uns als Krankenhausleitung mit der Landeshauptstadt darin einig, die erfolgreiche Behandlung von ausländischen Patienten im Klinikum Stuttgart fortzusetzen“, betont Reinhard Schimandl, seit April des Jahres Geschäftsführer im Klinikum. „Dazu brauchen wir größtmögliche Transparenz und Rechtssicherheit. Auch ist uns daran gelegen, mit den Ermittlungsbehörden eng zu kooperieren, um das Verfahren insgesamt zu beschleunigen.“

Die International Unit, die Ansprechpartner und Dienstleister für Patienten aus dem Ausland ist, betreut seit vielen Jahren internationale Patienten, die zur Behandlung ins Stuttgarter Klinikum kommen. „Die Zufriedenheit der Patienten mit der medizinischen Behandlung und der persönlichen Betreuung während des Aufenthalts bestätigt, dass unsere Leistungen sehr gut angenommen und geschätzt werden“, meint Schimandl.

Für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 werden die erwarteten Zahlen ausländischer Patienten in der International Unit allerdings „auf ein realistisches Niveau nach unten korrigiert“, heißt es. Sie sollen sich bei etwa 50 pro Monat - zeitweise waren es schon einmal fast doppelt so viele - einpendeln. Und das hat Konsequenzen: Das angepeilte Ergebnis der Wirtschaftspläne für das Klinikum kann nicht mehr gehalten werden. Für das laufende Jahr geht man inzwischen von einem Defizit von 16,9 Millionen Euro aus - geplant waren 8,0 Millionen Euro. Für 2017 rechnet man mit 10,6 Millionen Euro statt ursprünglich vorgesehener 5,3 Millionen Euro.