In diesem zugemauerten Eisenbahntunnel könnte die Mineraliensammlung des Naturkundemuseums eine neue Heimat finden. Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Jan-Philipp Schütze

Stuttgart - In der Betriebszentrale des Stuttgart Airport Busterminals (SAB) geht es an diesem Vormittag ruhig zu. Durch die großen Glaswände des Raumes sind nur wenige Fahrgäste zu sehen, die draußen an den Bussteigen warten, drinnen auf den PC-Monitoren wimmelt es dagegen von farbigen Rechtecken. Sie repräsentieren alle Busse, die heute am SAB erwartet werden oder bereits wieder abgefahren sind. Die meisten der Symbole leuchten grün oder blau, alles läuft nach Plan. Nur an einer Stelle warnt die Software mit roten Rechtecken davor, dass sich in Kürze zwei ankommende Fernbusse an einem der Bussteige in die Quere kommen werden. Für die beiden diensthabenden Disponenten bedeutet das, dass sie eingreifen und einem der Busse einen freien Halt zuweisen müssen. Solche Verschiebemaßnahmen versuche man möglichst zu vermeiden, sagt Jennifer Schuster, die für die Deutsche Touring GmbH als Teamleiterin am SAB arbeitet. „Sonst müssen auch die Fahrgäste an einen anderen Bussteig umziehen, das sorgt nur für Verwirrung.“

Verwirrte Fahrgäste soll es am SAB aber keine geben, schließlich versprechen die Fernbusanbieter nicht nur ein günstiges, sondern vor allem auch ein entspanntes Reisen. Rund 5,8 Millionen Euro hat die Stadt Stuttgart in die Einrichtung des Busterminals am Flughafen investiert, etwa 1,2 Millionen Fahrgäste werden zunächst pro Jahr erwartet. An Spitzentagen legen im Erdgeschoss des Parkhauses P 14 bis zu 250 Busse des nationalen und internationalen Fern-, des öffentlichen Nah- und des Gelegenheitsverkehrs einen Halt ein. Für den reibungslosen Ablauf sorgen stets mindestens zwei Disponenten in der zwischen 5.30 und 23 Uhr im Schichtbetrieb besetzten Betriebszentrale. „Am Anfang war es für uns alle ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich Jennifer Schuster. Knapp zwei Monate nach der Inbetriebnahme am 11. Mai hätten sich nun aber die meisten Abläufe gut eingespielt. „Manche Busfahrer müssen sich erst noch an die Gegebenheiten hier gewöhnen“, sagt Schuster. So gebe es ab und an Busse, die ohne Voranmeldung am SAB auftauchen und dann spontan disponiert werden müssen. „Wir sind schon gespannt, wie es zum Beginn der Sommerferien wird“, sagt Schuster. Dann gesellen sich zu den regulären Fernbussen vermehrt Busse im Gelegenheitsverkehr, die zum Beispiel Flugreisende an den Flughafen bringen oder von dort aus auf Sprachreise nach Südeuropa starten.

Auch Projektleiter Rolf Witzemann von der Flughafen Stuttgart GmbH ist mit dem Verlauf der ersten Betriebswochen im Grunde zufrieden. „Die Beschwerden halten sich in Grenzen“, sagt er. Kritik habe es unter anderem an der unzureichenden Beschilderung gegeben, diese werde aber nun nachgebessert. „Eine große Herausforderung war es, den Platz effizient zu nutzen“, sagt Witzemann. 18 Bussteige wurden in drei breiten Gassen angeordnet, um kurze Durchfahrtszeiten zu gewährleisten. Eine Anzeigetafel an der Einfahrt lotst die Busfahrer zu den richtigen Haltebuchten, Sensoren an der Decke erfassen, welche von ihnen aktuell belegt sind. Jeder Bussteig soll pro Stunde von mindestens drei Bussen genutzt werden können. „Um mehr Durchlauf zu erzielen, müsste die Organisation verschärft werden“, sagt Witzemann. Noch sei das aber nicht nötig, die Kapazitäten reichten bislang aus.

Für Unwägbarkeiten im täglichen Betrieb sorgen indes Verspätungen. Diese können sich im Fernbusverkehr schon mal auf bis zu vier Stunden summieren, wenn der Bus aus dem Ausland kommt, unterwegs mehrere Grenzen passieren und sich durch Staus auf der Autobahn kämpfen muss. Das Problem: Wie viele Minuten oder gar Stunden ein Bus zu spät kommt, bleibt den Disponenten und damit auch den wartenden Fahrgästen oft verborgen. Ein zentrales Info-System gibt es nicht, auch von den Busunternehmen können sie nur selten eine Auskunft erhalten.

Die Auswirkungen bekommt auch Martha Schmidt zu spüren, die sich an Bussteig 13 die Füße in den Bauch steht. Die 68-Jährige will zum ersten Mal mit dem Fernbus nach Saarbrücken fahren, um ihrer Schwiegertochter einen Kurzbesuch abzustatten. Eigentlich will sie bereits am Abend wieder nach Stuttgart zurück, doch das dürfte eng werden. „Der Bus kommt wohl eineinhalb Stunden zu spät, aber so genau weiß ich das nicht“, sagt Schmidt. Nun ist sie zum Ausharren verdammt. Wenn sie den Bussteig für eine Weile verlässt, riskiert sie, den Bus zu verpassen.

Dass Fahrgäste am SAB immer wieder ins Ungewisse hinein warten müssen, stellt auch Projektleiter Witzemann nicht zufrieden. Noch in diesem Herbst wolle man deshalb Gespräche mit den vier größten Busunternehmen führen. Ziel sei ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem, wie es auch im öffentlichen Nahverkehr zum Einsatz kommt. Damit ließen sich die voraussichtlichen Ankunftszeiten prognostizieren. Dazu müssten allerdings alle Busse mit einheitlicher Technik ausgerüstet werden. „Bei dem einen oder anderen Busunternehmer gibt es da Vorbehalte“, sagt Witzemann. Er rechnet frühestens in ein- bis eineinhalb Jahren mit der Umsetzung eines solchen Systems am SAB.

Der Bus nach Saarbrücken ist in der Zwischenzeit endlich angekommen - wie vermutet, mit 90-minütiger Verspätung. „Jetzt werde ich mich eben eine Nacht bei meiner Schwiegertochter einquartieren“, sagt Martha Schmidt. „Nur gut, dass ich mir für morgen noch nichts vorgenommen hatte.“

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