Symbolbild. Foto: dpa - dpa

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Bislang hat der Feinstaub-Alarm seine Wirkung verfehlt, sollte sich die Lage nicht bessern, drohen in der Landeshauptstadt Fahrverbote. Für die CDU-Gemeinderatsfraktion sind sie jedoch keine akzeptable Lösung „für die Stuttgarter Herausforderungen“. Die Christdemokraten kritisieren, dass Oberbürgermeister Fritz Kuhn für die Luftreinhaltung und Weiterentwicklung des Verkehrs in Stuttgart zur Mobilität der Zukunft kein wirkliches Konzept habe.

„Wir müssen mit einem Mix aus technischer Verbesserung der Motoren, dem Umstieg auf alternative Antriebe, dem Ausbau des Fahrradverkehrs und des ÖPNV sowie der zwingend notwendigen Verbesserung der Infrastruktur für den Individualverkehr den Erfolg finden - das ist die einzige Lösung für unsere Stadt“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz, der dem OB und dessen Stabsstelle unterstellt, die Weichen falsch gestellt zu haben oder sogar auf der Bremse zu stehen. „2014 hat der Gemeinderat die Einrichtung eines Ausschusses für Mobilität einstimmig beschlossen. Leider hat der Oberbürgermeister seither nicht die Notwendigkeit gesehen, diesen Fachausschuss zu einer Sitzung einzuladen. Dadurch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der OB bei diesem zentralen Thema nicht den Schulterschluss mit dem Gemeinderat sucht, sondern im Alleingang unterwegs ist“, so Kotz, der eigentlich noch vor der Sommerpause mit einem Bericht über die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen gerechnet habe. Kuhn sei dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen. „Wir befürchten, dass dies deswegen geschah, weil es nichts zu berichten gibt.“

Kritik übt die CDU auch an Tempo 40 auf Steigungsstrecken. Hier laufe die Stadt große Gefahr, die bisher hohe Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu verlieren. „Es ist bewiesen, dass allein die Reduzierung der Geschwindigkeit von Tempo 50 auf 40 nicht zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes führt.“ Positiv wirke sich die Verflüssigung des Verkehrs aus. „Dies konnte zum Beispiel an der Hohenheimer Straße durch bessere Ampelschaltungen und den Wegfall temporärer Parkplätze auf den Fahrspuren erreicht werden, in Verbindung mit der Einführung von Tempo 40.“ Die aktuell vom OB vorgeschlagenen weiteren Streckenabschnitte zur Einführung von Tempo 40 würden diesen positiven Effekt jedoch nicht erzielen. „Hätte sich der OB mit den vorgeschlagenen Straßen im Vorfeld beschäftigt, so wüsste er, dass es dort zum Teil seit der Erfindung des Automobils noch gar nie stockenden Verkehr gab, den man durch Tempo 40 verflüssigen könnte.“

Der CDU-Chef versteht zudem nicht, dass die Stadt sowohl den Nord-Ost-Ring als auch die Filderauffahrt so kategorische ablehnt. „Beide Maßnahmen verbessern unbestritten die Verflüssigung des Verkehrs in unserer Stadt. Leider hören wir vom Oberbürgermeister zum Ausbau der dringend notwendigen Verkehrsinfrastruktur gar nichts oder das Falsche. Zusammengefasst muss man feststellen, dass das Thema Luftreinhaltung und Mobilität beim Oberbürgermeister mit deutlich zu wenig Dynamik und Nachdruck bearbeitet wird.“

Vorwürfe, die auch der Rathausspitze nicht entgangen sind. Andreas Scharf, Sprecher des OB, betont, dass es „einen vielfältig abgestimmten Aktionsplan“ unter dem Titel „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ gebe, der in der Umsetzung immer wieder aktualisiert und konsequent fortentwickelt werde. Er verweist zudem darauf, dass etwa zur Stärkung des Rad- und Fußverkehrs, zur Förderung der E-Mobilität und zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Stuttgart und mit Blick auf die Luftreinhaltung bereits wichtige Weichenstellungen getroffen wurden. Beispielhaft sei auf die - kurzfristig ab Herbst umgesetzte - Verstärkung der Linie U 13 oder die neue Linie U 19 verwiesen. Schließlich werde es zur nächsten Feinstaub-Saison das sogenannte Feinstaub-Ticket zum halben Preis geben. Kuhn werde, wie geplant, nach den Ferien im Ausschuss für Umwelt und Technik zum Themenkomplex Mobilität und Luftreinhaltung berichten.

Andreas Winter, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, stellt sich hinter das Stadtoberhaupt. Er hält die Stabsstelle für nachhaltige Mobilität sehr gut aufgestellt, eine Konzeptlosigkeit sehe er nicht. „Über Jahrzehnte wurde die Verkehrsplanung in Stuttgart vom Leitbild der autogerechten Stadt dominiert. Teile der CDU wollen offensichtlich bis heute nicht wahrhaben, dass dieser Leitgedanke keine Zukunft hat und ein Umsteuern in der Verkehrspolitik dringend geboten, aber mit Rücksicht auf die Bürger und demokratische Prozesse auch nicht von heute auf morgen möglich ist.“ Über die von den Christdemokraten propagierten Baumaßnahmen kann Winter sich nur wundern: „Die Tatsache, dass die CDU weiterhin längst tote Pferde wie die Filderauffahrt reitet, zeigt, wie weit entfernt sie von innovativen Konzepten für nachhaltige Mobilität steht.“